Ein Fall aus der Realität
„Aus den Augen, aus dem Sinn“ dachte wohl ein Arbeitgeber. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses versäumte er es, dem ehemaligen Mitarbeiter das gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeugnis auszustellen. Der Mitarbeiter hatte ihn mehrfach vergeblich dazu aufgefordert, das Zeugnis zu erstellen. Der Arbeitgeber wollte es sich sehr einfach machen, und hatte seinerseits den Mitarbeiter aufgefordert, einen Entwurf für das Zeugnis zu fertigen.
In der Folge bewarb sich der Mitarbeiter um neue Arbeitsplätze. In zwei Fällen wurde er mit der ausdrücklichen Begründung abgelehnt, dass er für die langjährige Tätigkeit bei seinem ehemaligen Arbeitgeber kein Zeugnis vorlegen könne. Daraufhin nahm er seinen Ex-Arbeitgeber auf Schadensersatz in Anspruch, weil er aufgrund des fehlenden Zeugnisses mit seinen Bewerbungen keinen Erfolg hatte.
Fehlendes Zeugnis = Grund für Schadensersatz
Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven folgte mit seinem Urteil vom 6.10.2011 zum Aktenzeichen 1 Ca 1309/10 der Argumentation des ehemaligen Mitarbeiters und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung von Schadensersatz.
Das Gericht wies zunächst darauf hin, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch aus § Paragraph 109 der Gewerbeordnung und 630 BGB auf ein qualifiziertes Zeugnis habe. Dies habe der Arbeitgeber zu erteilen. Unstreitig war er, war aber dieser Verpflichtung nicht nachgekommen.
Arbeitgeber muss Zeugnis erstellen
Der Arbeitgeber versuchte sich dadurch zu retten, dass er darauf hinwies, den ehemaligen Mitarbeiter zur Formulierung eines Zeugnisentwurfes aufgefordert zu haben. Dies half dem Arbeitgeber jedoch nicht weiter. Zwar ist es in der Praxis weit verbreitet, dass Mitarbeiter einen Entwurf für ihr Zeugnis selbst fertigen. Der Arbeitgeber hat hierauf jedoch weder einen Anspruch, noch kann er sich darauf berufen, dass ein Mitarbeiter seiner entsprechenden Aufforderung nicht nachgekommen ist. Das Gesetz ist insoweit eindeutig. Das Zeugnis ist vom Arbeitgeber zu erstellen.
Schadensersatz nur bei entsprechendem Beweis
Für den Mitarbeiter war es in diesem Fall gut, dass er nachweisen konnte, dass er den Job wegen des fehlenden Zeugnisses nicht bekommen hatte. Ohne diesen Beweis, hätte er seinen Schadensersatzanspruch wohl nicht durchsetzen können. Als Beweis können zum Beispiel Aussagen des Unternehmens dienen, bei dem sich ihr Ex-Mitarbeiter ergebnislos beworben hat. Sie können nicht sicher sein, ob ein ehemaliger Mitarbeiter eine solche Bescheinigung vorlegen kann oder nicht. Daher sollten Sie davon ausgehen können, dass er dieses kann und somit dem Beweis für den Zusammenhang zwischen fehlendem Zeugnis und Nichtberücksichtigung bei der Einstellung führen kann.
Kein unbegrenzter Schadensersatz
Wenn es einen Anspruch für Schadensersatz gibt, stellt sich als nächstes die Frage nach der Höhe. Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven ging von einem Schadensersatz in Höhe der Vergütung für sechs Wochen aus. Man war der Ansicht, dass dies der Verdienst sei, der nach den gewöhnlichen Umständen zu erwarten gewesen wäre. Denn grundsätzlich sei anzunehmen, dass bei einer Einstellung des Arbeitsverhältnisses mindestens sechs Wochen bestehen bleibe. Der Arbeitgeber musste daher Schadensersatz in Höhe des Verdienstes für sechs Wochen zahlen.
Wann das Zeugnis vorliegen muss
Sie sollten das Zeugnis so rechtzeitig fertigen, dass es am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses vorliegt. Mit diesem Datum wird es auch datiert. Allerdings brauchen Sie das Zeugnis dem ehemaligen Mitarbeiter nicht per Post übersenden, er hat es grundsätzlich abzuholen. Teilen Sie dem Ex-Mitarbeiter daher rechtzeitig mit, wann und wo er das Zeugnis (und seine Arbeitspapiere) abholen kann.
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