Vorgetäuschter Eigenbedarf: Vorsicht – es kann teuer für Sie werden!

Mancher Vermieter, der mit anderen Kündigungsgründen gescheitert ist, greift gelegentlich zur Eigenbedarfskündigung, um einen unliebsamen Mieter loszuwerden. Dies kann verständlich sein, aber es ist riskant: Kommt der Mieter dahinter, dass der Selbstnutzungswunsch nur vorgetäuscht war, kann er Schadenersatz fordern. Da kommen schnell hohe Beträge zusammen.

Benötigen Sie eine vermietete Wohnung für sich selbst oder einen Familienangehörigen, dann sind Sie grundsätzlich berechtigt, Ihrem Mieter zu kündigen (sogenannte Eigenbedarfskündigung). Würden Sie in Ihrer Kündigung aber behaupten, dass Sie oder ein Familienangehöriger die Wohnung nutzen wollen, obwohl dies gar nicht zutrifft, wäre der Eigenbedarf vorgetäuscht.

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Mietrecht (Rechtstaschenbuch)

Ein solches Verhalten wäre vertragswidrig, die Kündigung unwirksam. Auch wenn Sie noch nicht sicher sind, ob Sie die geplante Nutzungsabsicht verwirklichen können, dürfen Sie nicht kündigen. Eine solche Kündigung „auf Vorrat“ ist unzulässig (BGH, Urteil v. 18.05.05, Az. VIII ZR 368/03).

Mieter kann Schadenersatz verlangen

Der Mieter kann im Fall einer unwirksamen Eigenbedarfskündigung in der Wohnung bleiben, der Mietvertrag läuft weiter. Sollte der Mieter bereits ausgezogen sein, kann er fordern, dass Sie ihn wieder einziehen lassen. Außerdem kann der Mieter Schadenersatz fordern, selbst wenn er an einem Wiedereinzug kein Interesse hat (BGH, Urteil v. 13.06.12, Az. VIII ZR 356/11).

Dem Schadenersatzanspruch stünde auch nicht entgegen, dass die Kündigung aus formellen Gründen unwirksam ist, etwa weil sie nicht unterschrieben wurde (BGH, Urteil v. 08.04.09, Az. VIII ZR 231/07). Es reicht, dass der Mieter in der Annahme ausgezogen ist, hierzu aufgrund einer Eigenbedarfskündigung des Vermieters verpflichtet zu sein.

Beispiel:
Ihre Tochter hat sich für ein Studium beworben. Sie kündigen eine Wohnung am Studienort, bevor klar ist, ob sie den Studienplatz tatsächlich erhalten wird.

Wie sieht die Argumentation vorm Gericht aus?

Möchte ein Mieter Schadenersatz fordern, reicht es nicht, wenn er lediglich den Eigenbedarf bestreitet. Im Gerichtsprozess muss er Gründe angeben, weshalb der Eigenbedarf seiner Ansicht nach nur vorgetäuscht ist. Der Verdacht, dass ein Vermieter sich unredlich verhalten hat, kommt natürlich schnell auf, wenn die in der Kündigung genannte Person nicht bald nach Auszug des Mieters die Wohnung bezieht. Weitere Indizien für einen vorgetäuschten Eigenbedarf, die von Gerichten akzeptiert werden, sind:

  • Der Vermieter ist zuvor mit Mieterhöhungsversuchen gescheitert.
  • Der Vermieter hat dem Mieter die Wohnung zuvor zum Kauf angeboten.
  • Der Vermieter hat gegenüber Zeugen gesagt, er wolle gar nicht in die Wohnung einziehen.
  • Die genannte Person weiß gar nicht, dass sie in die Wohnung einziehen soll.
  • Der Vermieter hat in kürzerer Zeit mehrere Eigenbedarfskündigungen mit unterschiedlichen Nutzungsabsichten begründet.

Eigenbedarf fällt später weg: Kündigung bleibt wirksam

Aber auch wenn es dem Mieter gelingt, Zweifel an Ihrem Selbstnutzungswunsch aufkommen zu lassen: Ihre Kündigung ist dann noch nicht gleich unwirksam. Denn es kommt durchaus vor, dass bei Ausspruch der Kündigung tatsächlich die ernsthafte Absicht bestand, die Wohnung selbst zu nutzen, sich die Verhältnisse aber später geändert haben. Dies hat der Vermieter zu beweisen (BGH, Urteil v. 18.05.05, Az. VIII ZR 368/03). Gelingt ihm das, bleibt die Kündigung wirksam.