(Verdeckte) Videoüberwachung am Arbeitsplatz: Was dürfen Arbeitgeber?

Die Bundesregierung beabsichtigt, heimliche Videoaufnahmen am Arbeitsplatz grundsätzlich verbieten zu lassen. Dagegen soll die offene Überwachung erleichtert werden. Widerstand regt sich – nicht nur von den Gewerkschaften. Wie das Gesetz aussehen wird, wird sich zeigen. Aber es gab auch unter der alten Regel immer wieder Ärger zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Beispiel Stornobuchung

Ein Tankstellinhaber behauptete vor dem Landesarbeitsgericht Hamm, dass eine Auszubildende, die auch an der Kasse stand, mehrere "Stornobuchungen" vorgenommen zu haben, um den sich so ergebenden Betrag für sich zu behalten. Sie bestritt das und fordert ihren Chef auf, ihr die behaupteten Unregelmäßigkeiten "durch Videoaufzeichnungen nachzuweisen".

Damit hatte sie nachträglich in solche Aufnahmen eingewilligt. Die Auszubildende konnte sich jedenfalls dann nicht mehr darauf berufen, die bereits gemachten Aufnahmen – die hier in acht Fällen ihre Schuld bewiesen haben – dürften wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts vor Gericht nicht verwertet werden. Sie muss den Schaden ersetzen.

Die junge Frau hatte die Kunden jeweils vorher gefragt, ob sie eine Quittung benötigten. Nur wenn das verneint wurde, wandte sie den "Stornotrick" an. Der Arbeitgeber vermutet, dass sie auf diese Weise etwa 3.000 Euro veruntreut hatte. Per Video nachweisen konnte er jedoch nur einen Schaden in Höhe von 300 Euro. Pikanterie: dadurch musste der Chef 90 Prozent der Gerichtskosten übernehmen. (LAG Hamm, 3 Sa 1229/11)

Beispiel Zigarettendiebstahl

Eine Verkäuferin klaute ihrem Arbeitgeber Zigaretten aus dem Warenbestand. Sie bekam – nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit – die Papiere. Und das zu Recht, auch wenn eine verdeckte Videoüberwachung zur Überführung der Frau geführt habe, so das Bundesarbeitsgericht.

Zwar dürfe das "auf diese Weise gewonnene Beweismaterial" vor Gericht nicht ohne weiteres verwendet werden, wenn sie die Vorwürfe bestreitet. Die Verwertung sei jedoch gerechtfertigt, wenn der Verdacht bestanden habe, dass Ladendiebstähle auch auf das Verhalten des eigenen Personals zurückzuführen sei. (Hier hatte der Betriebsrat des Einzelhandelsunternehmens allerdings der Installierung der versteckten Videokamera zugestimmt.) (BAG, 2 AZR 153/11)

Beispiel Gutscheine

Noch mal das Bundesarbeitsgericht: Ein Arbeitgeber darf einen Betrug von Mitarbeitern auch dann mit der fristlosen Kündigung ahnden, wenn er davon zunächst nur durch eine heimliche Videoaufzeichnung erfahren hat, die an sich rechtlich nicht verwertet werden darf. Dies dann, wenn er die Tat auch "durch Auswertung einer ihm unabhängig hiervon zur Verfügung stehenden, ohne Rechtsverstoß gewonnenen Informationsquelle" hätte nachweisen können.

Das BAG bestätigte mit dieser Begründung eine fristlose Kündigung zweier als Kassiererinnen eingesetzten Drogeriemarkt-Beschäftigten, die sieben "produktbezogene Gutscheine" im Wert von insgesamt 36 Euro wahllos eingelöst hatten, dies aber nur beim Kauf für Waren hätten tun dürfen, wofür die Gutscheine ausgestellt worden waren. Dadurch sei der betreffende Lieferant, der die Gutscheine für seine Waren zur Verfügung gestellt habe, geschädigt worden.

Dass dies "nicht im Interesse des Arbeitgebers" habe liegen können, sei ohne weiteres erkennbar gewesen. Die Gutscheine seien "in Bereicherungsabsicht zweckwidrig verwendet" worden. Dass der Arbeitgeber dies im Grunde durch den nicht angekündigten Einsatz der Videokamera erfahren hat, spiele aber hier keine Rolle, da die anschließende Auswertung des Kassenstreifens und die nachfolgenden Befragungen "auch ohne technische Überwachung" möglich gewesen seien. (BAG, 2 AZR 485/08)

Video im Casino

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Entscheidung einer Einigungsstelle zu einem Spielcasino für unwirksam erklärt. In dem Spruch der Einigungsstelle war festgelegt worden, dass das Casino nur eine Live-Video-Betrachtung vornehmen und die Aufnahmen bezüglich eines Arbeitnehmers auswerten dürfe, wenn gegen diesen bereits der dringende Verdacht einer strafbaren Handlung bestehe.

Damit habe die Schiedsstelle den ihr zustehenden Ermessensspielraum überschritten. Der Gesetzgeber habe durch die vorgesehene Videoüberwachung sicherstellen wollen, dass der Spielbetrieb durchgängig kontrolliert werden könne. (LAG Berlin-Brandenburg, 6 TaBV 851/11)

Streik-Aufzeichnungen

Das Arbeitsgericht Oberhausen hat entschieden, dass Arbeitgeber nicht berechtigt sind, ihre streikenden Mitarbeiter und Streikposten mit einer Videokamera aufzuzeichnen. Dadurch wird das Recht am eigenen Bild und das von der Verfassung geschützte Streikrecht der Arbeitnehmer sowie der Gewerkschaft verletzt. (AZ: 3 Ga 16/10)