Verbot Vorratsdatenspeicherung: Gekipptes Gesetz und jubelnde Verbraucher

Es sollte Geheimdiensten und Strafermittlern die Bekämpfung und Verfolgung von Straftaten erleichtern - Das Anfang 2008 in Kraft getretene Gesetz der Vorratsdatenspeicherung. Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt.

Vorratsspeicherung jeglicher Daten von Bundsbürgern für ein halbes Jahr 
Mit den Regelungen zur Vorrasdatenspeicherung sind Telekommunikationsdienste verpflichtet gewesen, elektronische Kommunikationsvorgänge zu registrieren, ohne dass ein Anfangsverdacht oder konkrete Hinweise auf Gefahren bestanden. Die Speicherung war also ohne jeglichen Anlass. Die gesammelten Daten der Telefon- und Emailkontakte aller Bundesbürger mussten für ein halbes Jahr archiviert werden. Internetprovider speicherten die IP-Adresse der Nutzer und deren Anschluss, über den die Adresse läuft. Bei Emails wurden die Adressen aller Beteiligten und der Zeitpunkt des Versandes zu den Akten genommen.

Diese Daten wurden Geheimdiensten und der Polizei zur Verfügung gestellt. Damit sollte die Verfolgung von Straftaten und der Kampf gegen den Terror vereinfacht werden.

Vorratsdatenspeicherung: Missbrauchsgefahr und soziale Kontrolle  
Mit der zunehmenden Bedeutung elektronischer Kommunikation ist es möglich, das gesamte soziale Netz eines Bundesbürgers wiederzuspiegeln. Die Daten dienen der Erstellung von Personen-, Verhaltens- und Bewegungsprofilen. Kritiker befürchteten die gesamte Erfassung des Alltags als Folge. Außerdem ist der massenhafte Abgleich von Daten aus verschiedenen Datenbanken technisch unproblematisch. Somit entsteht ein großes Missbrauchspotenzial.

35.000 Menschen klagten gegen die Vorratsdatenspeicherung
Die Kläger gegen das Gesetz sahen das Telekommunikationsgeheimnis, das in §10 im Grundgesetz geregelt ist, verletzt. Außerdem hielten viele von Ihnen die Vorratsdatenspeicherung als Terrorbekämpfung für ungeeignet. Zu den Klägern gehören viele Bundestagsabgeordnete. Vor allem aus den Reihen der Grünen und der FDP. So auch die amtierende Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Über 35.000 Menschen hatten gegen das Gesetz geklagt. Über drei ausgewählte Klagen wurden am 02.03.2010   exemplarisch entschieden. Es handelt sich um das größte Verfahren, mit dem das Verfassungsgericht jemals befasst war.

 

Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen das Grundgesetz
Die Regelung zur Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen Artikel 10 des Grundgesetzes, der den Schutz des Briefgeheimnisses, sowie des Post- und Fernmeldegeheimnis sichert.   Die Speicherung an sich ist allerdings nicht verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hält die Regelungen aber für nicht verhältnismäßig, da sie weder die Datensicherheit ausreichend gewährleisten noch die Verwendung der Daten genügend begrenzen.
Der Gesetzgeber sei "seiner Verantwortung für die Begrenzung und Verwendungszwecke" der Speicherung nicht gerecht geworden, sagte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier. Das deutsche Gesetz ist über die europarechtliche Zielsetzung weit hinausgegangen. In der Urteilsbegründung heißt es, die anlasslose Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten sei geeignet, "ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann".

Verbot Vorratsdatenspeicherung: Unverzügliches Löschen der Daten
Die Speicherung der Daten wird allerdings nicht komplett abgeschafft. Der Gesetzgeber verlangt lediglich, dass sie durch eine anspruchsvolle Verschlüsselung, getrennte Speicherung der Daten und eine transparente Kontrolle eingeschränkt wird. Das Verfassungsgericht fordert damit eine „wirksame Begrenzung des Gesetzes“. Allerdings sind die Gesetzespassagen, bis die Änderungen vollzogen sind, ungültig. Alle bisherigen Daten müssen gelöscht werden.

Vom Löschzwang sind nur Telekommunikationsunternehmen, die entweder Telefon, Email oder einen Internetzugang anbieten. Denn nur diese unterlagen auch der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung. Internetriese Google ist nur mit seinem Email-Service gmail betroffen. Soziale Netzwerke, wie Facebook, betrifft die Gesetzesänderung nicht.

Verbraucher begrüßen Kippen des Vorratsdatenspeicherungs-Gesetzes
Verbraucher können sich in Zukunft weniger beobachtet fühlen. Die Angst, dass jeder beliebig Daten über sie und ihr Verhalten sammelt und diese für eigene Zwecke nutzt, wird kleiner.

Die Reaktionen auf den Beschluss waren bei Facebook und Co einhellig. User posteten die Berichte und kommentierten mit dem typischen „I LIKE“. Auch die Verbraucherzentrale begrüßt das Urteil. Die Richter in Karlsruhe haben ein klares Signal gegeben: Das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen, ist auch weiterhin ein hohes Gut.