Unternehmen 2015: Generation Golf regiert die Chefetagen

Die Führungs-Praxis wird sich bis zum Jahr 2015 stark verändern. Heute noch gültige Werte verlieren an Gewicht – an ihre Stelle tritt eine neue Sichtweise von Unternehmertum: Die Generation Golf prägt das Bild der Organisation der Zukunft – übrigens heute schon in Anzeichen erkennbar.

1. Bessere Ausbildung
Unternehmer der Zukunft haben eine bessere formale Qualifikation als ihre Vorgänger. Heute läuft die Modewelle, Wirtschaft cool zu finden und Betriebswirtschaft zu studieren. Diese Welle wird bis 2015 in den Führungsetagen angekommen sein. Folge: Der angelsächsische Management-Stil breitet sich weiter aus – Führung kommt aus dem BWL-Lehrbuch.

Sie ist methoden- und strategiebetont und, sui generis, international angelegt. Unternehmer von morgen müssen nicht erst internationalisieren, sie sind von vornherein das, was man "born globals" nennt: in der Weltwirtschaft zu Hause.

Das Unternehmen 2015 wird stärker mit Instrumenten geführt als das heutige. Die kommende Generation von Inhabern setzt auf Professionalität, wie es ihnen im Studium und Ausbildung beigebracht wurde. Die Haltung zu einem technokratischen Ansatz ist offen: Eine Firma nach den Standards der Corporate Governance zu führen, ist völlig normal – weil diese ein Werkzeug sind, das den Unternehmer entlastet.

Der Inhaber sieht seine Rolle mehr als Stratege – vor einer operativen Entmachtung fürchtet er sich nicht. Kehrseite dieser Entwicklung: Intuition verliert. Patriarch sein ist kein erstrebenswertes Rollenbild mehr.

2. Neue Werte
Der Individualismus wird bis 2015 auch sein Zuhause an der Spitze vieler Unternehmen gefunden haben. Die Haltung: "Kein Übermaß an Verpflichtungen eingehen, sich nicht zu viel belasten." Inhaber von morgen sehen sich nicht als Teil einer Tradition.

"Das Erbe übernehmen, mehren und an die nächste Generation weitergeben", diese Einstellung zum Unternehmen im Sinne lebenslänglicher Bindung verliert an Gewicht: Inhaber sein ist eine Episode im Leben, die man auch beenden kann, so die neue Denkweise.

Folge: Sich vom Unternehmen abzunabeln, wird als normaler Vorgang angesehen – und nicht, wie heute oft, als Lebensniederlage des Inhabers. Der Unternehmer der Zukunft ist viel eher bereit, seine Firma durch angestellte Manager führen zu lassen oder sie zu verkaufen.

Sich in die Rolle des aktiven Eigentümers ohne operative Pflichten zurückziehen, dieser Schritt ist in Zukunft kein Tabu mehr. Kein Unternehmer wird mehr schief angesehen, wenn er sagt, er ziehe sich in den Aufsichtsrat zurück.

3. Veränderter Stellenwert der Familie
Die alte Gleichung "Firma und Familie sind mein Leben" gilt nicht mehr. Hintergrund dazu: Rund die Hälfte aller Ehen wird geschieden – das Konzept der lebenslangen Bindung weicht in vielen Fällen dem der Lebensabschnitts-Partnerschaft. Überdies verschwindet die Rolle der nicht berufstätigen Unternehmer-Gattin, die ihre Aufgabe darin sieht, ihren Mann zu unterstützen und ihm den Rücken frei zu halten.

Deshalb verliert die dynastische Denkweise in Zukunft an Bedeutung. Inhaber eines bestimmten Unternehmens zu sein, das ist nach neuem Verständnis eine Rolle auf Zeit. Kinder, soweit überhaupt vorhanden, werden nicht mehr zwangsläufig in die Rolle des Unternehmer-Nachfolgers hineinerzogen.

So, wie es wechselnde familiäre Bindungen gibt, wird auch die Bindung an genau ein Unternehmen aufgehoben. Die Verpflichtung gegenüber den kommenden Generationen ist nur noch schwach oder gar nicht mehr ausgeprägt – weil sich die Firmenchefs der Generation Golf alle Optionen offen halten wollen: auch die, sich für eine zweite oder dritte Karriere zu entscheiden.