Geklagt hatte ein junger Dachdecker, der nach Abschluss seiner dreijährigen Ausbildungszeit von seinem Ausbildungsbetrieb in ein Arbeitsverhältnis als Geselle übernommen worden war. Kaum war der junge Mann Geselle, wurde er arbeitsunfähig. Prompt stoppte der Arbeitgeber den Gesellenlohn für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Er berief sich dabei auf § 3 Absatz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Dieses regelt, dass ein neuer Mitarbeiter einen Anspruch auf Lohnzahlung im Krankheitsfall erstmals nach Ablauf einer 4-wöchigen Wartezeit erwirbt.
Die Richter des Bundesarbeitsgerichts stellten sich nun jedoch auf die Seite des einstigen Auszubildenden. Nach ihrer Auffassung entsteht der Anspruch auf Lohnfortzahlung bei einem neuen Arbeitsverhältnis, das an ein Ausbildungsverhältnis anschließt, ohne dass der Arbeitnehmer 4 Wochen warten muss. Die Wartezeit des § 3 Absatz 3 EFZG findet keine Anwendung. Die Ausbildung und das nahtlos anschließende Arbeitsverhältnis bilden in den Augen der Richter eine Einheit. Dies rechtfertigt das Gericht damit, dass das EFZG die Auszubildenden als Arbeitnehmer ansieht. Auch die Kostenentlastung, die der Gesetzgeber mit der Wartezeit des § 3 Absatz 3 EFZG zu Gunsten der Arbeitgeber eingeführt habe, sei ausreichend berücksichtigt, da der Auszubildende bereits am Anfang seiner Ausbildung die 4-wöchige Wartezeit absolviert habe.
Das Urteil bedeutet für Arbeitgeber: Bei der nahtlosen Übernahme von Auszubildenden, die in Ihrem Betrieb ausgebildet wurden, entsteht der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sofort, und nicht erst nach Ablauf von 4 Wochen.
Bundesarbeitsgericht Erfurt; Urteil vom 20.08.2003; Aktenzeichen: 5 AZR 436/02