Wenn die Satzung für diese Fälle keine oder ungünstige Regelungen enthält, kann dies einen Verein in die Handlungsunfähigkeit stürzen.
In diesem Beitrag erfahren Sie, was Handlungsunfähigkeit bedeutet, wie Sie im Falle der Handlungsunfähigkeit vorgehen und wie Sie für alle Zukunft die Weichen so stellen, dass eine ordnungsgemäße Vertretung Ihres Vereins immer gewährleistet ist.
Falle „Handlungsunfähigkeit“: Was das für ihren Verein bedeuten kann
Probleme tauchen immer dann auf, wenn man sie nicht gebrauchen kann.
Diese Binsenweisheit gilt auch für Vereine. Besonders große Auswirkungen kann es haben, wenn wegen Rücktritts oder sonstigen Ausfalls eines der Mitglieder des vertretungsberechtigten Vorstands, also des Vorstands nach § 26 BGB, ausscheidet.
Je nach Satzungskonstellation ist die Handlungsfähigkeit des Vorstands dann eingeschränkt oder gar nicht mehr gegeben.
Ungünstige Satzungsregelungen können einen Verein also handlungsunfähig machen und ihn im Extremfall sogar existenziell gefährden.
Das bedeutet die Handlungsunfähigkeit des Vorstands in der Praxis
Es ist juristisch umstritten, ob der Vereinsvorstand überhaupt noch wirksam Beschlüsse fassen kann, wenn nicht alle Vorstandsposten besetzt sind.
Noch problematischer ist die Situation dann, wenn die zur Vertretung des Vereins erforderliche Zusammensetzung des Vorstands nicht mehr gegeben ist.
Die Gründe dafür spielen keine Rolle, insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Vorstand das in irgendeiner Weise verschuldet hat.
Beispiel: Der Kleingartenverein Musterhausen e. V. wird laut Satzung gemeinsam vom ersten Vorsitzenden und vom zweiten Vorsitzenden vertreten.
Als der zweite Vorsitzende bei einem Autounfall tödlich verunglückt, ist der Verein bis zur Neuwahl eines Nachfolgers rechtlich handlungsunfähig, weil die Satzung nur die gemeinsame Vertretung des Vorstands durch beide Vorstandsmitglieder vorsieht.
Die Folgen einer solchen Handlungsunfähigkeit für Ihren Verein sind nicht zu vernachlässigen, wie die Beispiele in der folgenden Übersicht zeigen.
- Kündigung von Mitarbeitern: Der Verein kann Arbeitsverträge mit Mitarbeitern nicht wirksam kündigen. Das ist in manchen Fällen äußerst fatal, z. B. wenn bekannt wird, dass ein Jugendtrainer die gebotene und erforderliche Distanz zu den Mitgliedern seiner Trainingsgruppe verletzt hat.
- Einlegung von Rechtsmitteln: Das Finanzamt hat die Gemeinnützigkeit eines Vereins aberkannt. Der dringend notwendige Einspruch gegen diesen Bescheid kann nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erhoben werden.
- Optimierung des Versicherungsschutzes: Es hat sich herausgestellt, dass die bisherigen Versicherungssummen des Vereins nicht ausreichen. Da der Vorstand in der verbleibenden Konstellation jedoch nicht handlungsfähig ist, kann die Anpassung nicht erfolgen.
Notvorstand besser immer vermeiden
Immer wenn Ihr Verein handlungsunfähig ist, ist zunächst einmal die Vereinsarbeit erschwert. Außerdem droht in einem solchen Fall unter Umständen die Einsetzung eines Notvorstands.
Denn jeder Beteiligte kann einen Antrag beim Amtsgericht auf Ernennung eines Notvorstands stellen, wenn dies erforderlich ist, um Rechte zu wahren oder auszuüben.
Im schlimmsten Fall kann auch ein Externer als Notvorstand eingesetzt werden. Unter Umständen hat dieser einen Vergütungsanspruch gegen den Verein.
Alles das sind Situationen, die Sie im Interesse Ihres Vereins vermeiden sollten. Und durch eine vorausschauende Prüfung und Gestaltung Ihrer Satzung ist das auch gar nicht so schwer!
Problem 1: ungünstige Vertretungsregelungen in der Satzung
Ein großes Problem im Zusammenhang mit einer möglichen Handlungsunfähigkeit des Vorstands sind ungünstige Regelungen zur rechtsgeschäftlichen Vertretung des Vereins in der Satzung.
Ähnliche Probleme tauchen bei solchen Vertretungsregelungen auch auf, wenn eines der beiden gemeinsam vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder beruflich längere Zeit abwesend ist, schwer erkrankt ist oder gar verstirbt. Immer dann droht die Handlungsunfähigkeit.
Achtung: Gelegentlich finden sich in der Vereinspraxis bei Vertretungsproblemen angeblich pragmatische Lösungen. Der Vorsitzende unterschreibt dann zum Beispiel eine Reihe von Blankobriefbögen des Vereins, die er seinem Stellvertreter „für Notfälle“ zu treuen Händen überlässt.
Aber: Wirklich zu empfehlen ist das nicht! Missbraucht der zweite Vorsitzende die ihm eingeräumte Befugnis, sind Sie mit einer getroffenen Maßnahme nicht einverstanden oder entsteht später Streit darüber, ob in einer konkreten Situation tatsächlich ein Notfall vorgelegen hat, ist der interne Konflikt vorprogrammiert.
Und noch schlimmer ist: In der Haftung sind Sie als Vorsitzender in der Regel dann trotzdem.
Problem 2: der abgelöste Vorstand
Das zweite Problem im Zusammenhang mit Satzungsregelungen ergibt sich aus Regelungen zur Amtszeit des Vorstands. In Satzungen finden sich immer noch Formulierungen wie: „Die Amtszeit des Vorstands beträgt drei Jahre.“
Sie beginnt damit mit der Annahme der Wahl und endet mit Ablauf der satzungsgemäßen Amtszeit. Ohne entsprechende Vorsorge in der Satzung ist dies ein großes und praxisrelevantes Problem.
Denn nicht immer wird es möglich sein, die nächste Mitgliederversammlung genau an dem Tag durchzuführen, der der letzte der Amtszeit des amtierenden Vorstands ist.
Der noch in das Vereinsregister eingetragene Vorstand ist allerdings nach der Rechtsprechung auch nach Ende seiner Amtszeit berechtigt, zur Mitgliederversammlung einzuladen.
8 Tipps, wie sie eine Handlungsunfähigkeit vermeiden
Es gibt mehrere Ansätze zur Lösung dieser Probleme, die Sie je nach Situation in Ihrem Verein einzeln oder kombiniert einsetzen können.
Tipp 1: sichern sie sich sinnvolle Vertretungsregelungen in der Satzung
Der Grundstein für die Vermeidung von Handlungsunfähigkeit liegt in der Satzung, insbesondere in den Regelungen zur rechtlichen Vertretung des Vereins. Prüfen Sie daher Ihre Satzung daraufhin, ob sie sinnvolle Vertretungsmodelle enthält. Üblich sind folgende Konstellationen, die jeweils Vor- und Nachteile haben.
Tipp 2: ein besonderer Vertreter entlastet und gibt Kontinuität
Neben dem Vorstand kann der Verein auch durch einen sogenannten besonderen Vertreter rechtlich vertreten werden (§ 30 BGB). Auch ein Geschäftsführer, den der Verein eventuell beschäftigt, fällt in die Kategorie „besonderer Vertreter“.
Die Installation eines Geschäftsführers bzw. besonderen Vertreters hat den Vorteil, dass zumindest die operativen Aufgaben des Vereins auch bei Ausfall von Vorstandsmitgliedern weitergeführt werden können.
Der besondere Vertreter wird auf Grundlage einer Satzungsregelung für bestimmte Geschäfte bestellt. Die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt.
Dabei muss der Geschäftskreis in der Satzung umschrieben sein. Typisch ist die Übertragung der laufenden Geschäfte auf einen Geschäftsführer als besonderen Vertreter.
Tipp 3: der nachwirkende Vorstand
Das Problem mit dem Ende des Vorstandsamtes und der dadurch eintretenden Handlungsunfähigkeit lässt sich durch eine Satzungsbestimmung einfach lösen. Legen Sie in der Satzung fest, dass die Vorstandsmitglieder bis zur Wahl der Nachfolger im Amt bleiben.
Gelegentlich wird die Sorge laut, dass ein einmal gewählter Vorstand diese Regelung nutzt, um seine Position zu festigen, indem eine Neuwahl auf unbestimmte Zeit verzögert wird.
Damit würde dieser Vorstand aber gegen seine Pflicht, die Satzung einzuhalten, verstoßen. Er würde damit zudem Gefahr laufen, dass eine Minderheit eine Mitgliederversammlung durchsetzt, auf der der Vorstand dann neu gewählt wird (§ 37 BGB).
Im Zweifel wird die Mitgliederversammlung dann den die Neuwahl verzögernden Vorstand nicht wählen.
Aber dieser Besorgnis lässt sich auch durch eine Satzungsregelung vorbeugen. Hat zu diesem Zeitpunkt immer noch keine Neuwahl stattgefunden, so lässt sich die Handlungsfähigkeit ggf. durch gerichtliche Bestellung eines Notvorstands (§ 29 BGB) sichern.
Tipp 4: außerordentliche Mitgliederversammlung und Nachwahl
Wenn dem Vorstand Ihres Vereins während der laufenden Amtszeit ein Vorstandsmitglied wegen Rücktritts, Amtsniederlegung oder aus anderen Gründen ausfällt und die Handlungsunfähigkeit droht, haben Sie als Vorstand jederzeit die Möglichkeit, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen und eine Nachwahl vorzunehmen.
Das Problem bei der Nachwahl
Ein Problem, das im Zusammenhang mit der Nachwahl entsteht, ist die Frage, wie lange die Amtszeit des nachgewählten Vorstandsmitglieds eigentlich dauert. Im Normalfall ist das durch eine solche Nachwahl besetzte Vorstandsamt kein Amt „zweiter Klasse“.
Auch das nachgewählte Vorstandsmitglied wird daher normalerweise für die volle Amtszeit (also im Beispiel für vier Jahre) gewählt. Insbesondere bei größeren Vorständen und langen Amtszeiten kann das aber problematisch werden, wenn verschiedene Vorstandsmitglieder zu unterschiedlichen Zeiten ausscheiden.
Hier verliert man dann leicht den Überblick, wann welches Vorstandsamt endet, und die Zusammensetzung der Vorstandsmannschaft ist unter Umständen auch nicht immer die optimale bzw. gewünschte. Besser ist es daher, wenn Sie mit einer eindeutigen Satzungsregelung für Klarheit sorgen.
Tipp 5: selbst Ergänzung/Kooptation als Ausweg
Die Kooptation oder Selbstergänzung des Vorstands aufgrund einer Satzungsregelung verschafft dem Vorstand auch gegenüber der Mitgliederversammlung eine starke Position und hat sich in vielen Vereinen bewährt.
Sie gibt ihm die Möglichkeit, im Bedarfsfall selbst ein Ersatzmitglied auszuwählen und zu bestellen. Das ist eine relativ weitgehende Regelung. Ist diese in der Mitgliederversammlung nicht mehrheitsfähig, so kann sie eingeschränkt werden.
Das kann eventuelle Vorbehalte der Mitgliederversammlung beseitigen. Weitere Einschränkungen lassen sich durch eine satzungsmäßige Obergrenze erreichen.
Achtung: Vergessen Sie nicht, die Änderung zum Vereinsregister anzumelden, wenn sie Auswirkungen auf den vertretungsberechtigten Vorstand hat.
Tipp 6: Personalunion im Vorstand als möglicher Lösungsweg
Bei Ausfall eines Vorstandsmitglieds ist es außerdem denkbar, dass der verbleibende Vorstand die Aufgaben des ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds neu unter sich verteilt, sodass ein verbliebenes Vorstandsmitglied die Aufgaben des ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds mit übernimmt.
Die neuere Rechtsprechung hält eine solche Personalunion im Vorstand unter bestimmten Voraussetzungen zwar für zulässig, die bisherigen Gerichtsverfahren haben sich aber, soweit es ersichtlich ist, immer nur mit der Frage beschäftigt, ob die Personalunion schon zum Zeitpunkt der Wahl erlaubt sein soll, wenn zum Beispiel nicht genügend Kandidaten für alle Posten zur Verfügung stehen.
Ob Personalunion auch zulässig ist, wenn sie erst im Laufe der Amtszeit erforderlich wird, ist dagegen wohl noch eine offene Frage. Am besten sorgen Sie auch hier durch eine Satzungsregelung für Klarheit.
Auch hier kann es wieder sein, dass die Mitgliederversammlung diese Regelung für sehr weitgehend hält, und auch in diesem Fall lässt sich die Satzungsregelung bei Bedarf anpassen.
Außerdem kann auch eine Mindestzahl an Vorstandsmitgliedern gesichert werden.
Achtung: Beachten Sie die dadurch entstehende Mehrbelastung der Vorstandsmitglieder, die zusätzliche Aufgaben übernommen haben.
Tipp 7: Augen zu und durch?
Ist eine Selbstergänzung oder Personalunion wegen fehlender Satzungsregelung nicht möglich, so soll nach Ansicht einiger Juristen auf eine sofortige Neuwahl verzichtet werden können, wenn
die rechtliche Vertretung des Vereins (§ 26 BGB) trotz des Ausfalls noch gesichert ist, also wenn die verbleibenden Vorstandsmitglieder nach Zahl und Zusammensetzung gemäß den Eintragungen im Vereinsregister handeln können, die übrigen Vorstandsmitglieder die anfallenden Geschäfte durch Beschluss neu unter sich verteilen.
Nicht entschieden ist, wie lange dann auf eine Mitgliederversammlung verzichtet werden kann.
Selbst wenn man dieser Ansicht folgt, rate ich Ihnen dennoch, alsbald eine Mitgliederversammlung einzuberufen und eine Nachwahl vorzunehmen.
Dies hat gleich mehrere Gründe:
- Die Größe des Vorstands laut Satzung hat in der Regel ihren Grund unter anderem in dem Umfang der zu erledigenden Aufgaben. Werden diese Aufgaben unter weniger Personen verteilt, so führt das zu steigender Belastung der verbliebenen Vorstandsmitglieder.
- Entstehen durch diese Mehrbelastung Fehler, so ergeben sich Haftungsfragen, die im Einzelfall schwer zu beantworten sind. Jedenfalls bringen sie ein Risiko für die Vorstandsmitglieder mit sich und sorgen für völlig überflüssige Unruhe im Verein.
- Die Mitglieder könnten sich verschaukelt fühlen, wenn ihnen so durch die Hintertür das Wahlrecht abgeschnitten wird.
Tipp 8: Berufung eines Notvorstands
Wenn weder Selbstergänzung noch Personalunion möglich sind und auch eine Nachwahl nicht zu einem Ergebnis führt, kommen Sie als verbleibender Restvorstand unter Umständen am Amtsgericht nicht vorbei.
Das gilt insbesondere, wenn durch den Ausfall eines Vorstandskollegen die Vertretung des Vereins nicht mehr möglich ist. Wenn die erforderlichen Mitglieder des Vorstands fehlen, ist nach § 29 BGB in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels auf Antrag eines Beteiligten ein Notvorstand zu bestellen.
Beteiligter ist grundsätzlich jedes Vereins- oder Vorstandsmitglied. Der erforderliche dringende Fall liegt vor, wenn ein sofortiges Einschreiten erforderlich ist, um Schaden zu vermeiden, oder wenn eine notwendige Handlung nur sofort vorgenommen werden kann und das fehlende Vorstandsmitglied auf satzungsmäßige Weise nicht oder nicht rechtzeitig bestellt werden kann.
Typische Fälle für die Bestellung eines Notvorstands sind:
- Wirtschaftliche Pflichten des Vereins müssen wahrgenommen werden.
- Gesetzliche Pflichten des Vereins können sonst nicht erledigt werden.
- Der Verein befindet sich in einem Rechtsstreit und kann sonst nicht wirksam vertreten werden.
Für die Möglichkeit eines Antrags auf einen Notvorstand benötigen Sie keine Satzungsregelung. Sie ergibt sich bereits direkt aus dem Gesetz.
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