„Die Mehrheit war dafür“ – doch reicht sie auch tatsächlich?
„Die Mehrheit war dafür“ – dies gilt als ausreichende Zustimmung für das Zustandekommen einer Entscheidung. Was aber ist die Mehrheit? Nach allgemeinem Sprachverständnis wird mit Mehrheit lediglich der größte oder überwiegende Teil – bei Abstimmungen der Abstimmenden – bezeichnet.
Es gibt aber auch andere Auslegungen. Die Rechtsprechung ändert sich hier. So hat zuletzt das Oberlandesgericht München festgestellt, dass es grundsätzlich nicht darauf ankommt, wie der Verein den Mehrheitsbegriff auslegt, sondern welche Bedeutung der Mehrheitsbegriff tatsächlich hat:
„Enthält die Satzung eines Vereins keine ausdrückliche Bestimmung, wonach derjenige Bewerber gewählt sein soll, der die meisten Stimmen (relative Mehrheit) auf sich vereint, so ist die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausschlaggebend.
Dass der Begriff ‚einfache Mehrheit’ häufig missverstanden und als gleichbedeutend mit ‚relative Mehrheit’ angesehen wird, ändert nichts daran, dass es nur auf die zutreffende Bedeutung dieses Begriffs ankommt.“ OLG München, Beschluss vom 29.01.2008, Az: 31 Wx 78/07 und 31 Wx 81/07
Diese Mehrheiten sind gesetzlich festgelegt
Im BGB sind für einige Beschlüsse besondere Mehrheiten ausdrücklich festgelegt – nämlich:
- ¾-Mehrheit für
- Satzungsänderungen § 33 Absatz 1 Satz 1 BGB
- Auflösung des Vereins (§ 41 Satz 2 BGB)
- Einstimmigkeit für
- Änderungen des Vereinszwecks (§ 33 Absatz 1 Satz 2 BGB) Alle anderen Beschlüsse können mit einfacher Mehrheit gefasst werden (§ 32 Absatz 1 Satz 3 BGB) – sofern die Satzung keine anderen Regelungen enthält.
Was ist eine „einfache Mehrheit“?
Nach § 32 Absatz 1 Satz 3 BGB entscheidet bei der Beschlussfassung die Mehrheit der erschienenen Mitglieder. Gezählt werden die gültigen abgegebenen Stimmen. Stimmenthaltungen zählen nicht mit.
Ein Beschluss ist dann mit einfacher Mehrheit angenommen, wenn mindestens eine Ja-Stimme mehr für den Beschlussantrag abgegeben wird als Nein-Stimmen gezählt werden.
Wurden genauso viele Ja-Stimmen wie Nein-Stimmen abgegeben, liegt also Stimmengleichheit vor, gilt der Beschlussantrag als abgelehnt.
In die Auszählung nicht einbezogen werden:
- ungültige Stimmen
- Stimmenthaltungen
- Äußerungen nicht stimmberechtigter Mitglieder
Hier ein Beispiel:
In der Mitgliederversammlung soll ein Beschluss über die Anschaffung einer neuen Küche für das Vereinsheim gefasst werden.
Die Beschlussvorlage lautet: Es wird eine Küche für das Vereinsheim gemäß des Angebots der Firma Küchenmeister zum Preis von 6.070,00 € erworben und eingebaut.
In der Mitgliederversammlung sind 45 Mitglieder anwesend, die alle stimmberechtigt sind. Die Abstimmung erfolgt per Handzeichen. 20 Mitglieder stimmen mit ja, 18 Mitglieder mit nein. 7 Mitglieder enthalten sich.
=> Die 7 Enthaltungen zählen nicht mit.
Da 2 Ja-Stimmen mehr als Nein-Stimmen vorliegen, ist der Beschluss über den Kauf der Küche mit einfacher Mehrheit angenommen.
Vereinsmitglieder, die sich der Stimme enthalten oder eine ungültige Stimme abgeben, werden für die Stimmauszählung so behandelt, als wären Sie nicht anwesend. Deswegen zählen ihre Stimmen nicht mit.
Lesen Sie im zweiten Teil der Serie „Abstimmungen“, wie Sie mit der absoluten Mehrheit kalkulieren.
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