Rechtfertig der Betrug bei der Zeiterfassung eine Kündigung?

Das musste sich jetzt ein Arbeitgeber vom LAG Schleswig-Holstein sagen lassen. Wegen Betrug bei der Zeiterfassung hatte er einem 58-jährigen Mitarbeiter, der seit 1978 beschäftigt war, die fristlose Kündigung ausgesprochen. Und der Arbeitgeber verlor vor dem Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht (LAG Schleswig-Holstein, 29.03.2011, 2 Sa 533/10).

Was war geschehen? Der gekündigte Arbeitnehmer war in einer Kfz-Werkstatt beschäftigt. Die pro Auftrag geleisteten Arbeiten mussten in der Zeiterfassung gespeichert werden. Dabei entsprach ein Arbeitswert 5 Minuten Arbeitszeit, 12 Arbeitswerte spiegelten mithin eine Stunde wieder. Wenn Lehrlinge mit eingesetzt wurden, erhöhte sich die Anzahl der Arbeitswerte pro Stunde.

Und hier lag das Problem. Der Arbeitnehmer ließ sich ca. eine Minute von einem Lehrling unterstützen und wies diesen an, diese Minute nicht in dem Zeiterfassungssystem zu speichern. Der Arbeitgeber sah hierin einen Betrug und griff zur Kündigung.

Betrug bei der Zeiterfassung: Das sollten Sie bei der Kündigung beachten
Das LAG stellte zunächst klar, dass eine systematische Manipulation der Zeiterfassung und ein Betrug bei dieser ein Grund für eine fristlose Kündigung sein kann. Und zwar auch dann, wenn der gekündigte Arbeitnehmer einen Kollegen anweist, die Manipulation vorzunehmen.

In diesem Fall sahen die Richter aber nur eine verhältnismäßig geringe Verfehlung, da es sich nur um eine Minute nicht gespeicherte Arbeitszeit gehandelt hatte. Außerdem hielten sie dem Arbeitgeber vor, dass er nicht ausreichend präzise Anweisungen zum Einstempeln bei einzelnen Arbeiten gegeben habe.

Das bedeutet die Kündigung wegen Betrug bei der Zeiterfassung für Sie
Geben Sie glasklare Anweisungen, wer wann wie das Zeiterfassungsystem zu benutzen hat. Und außerdem: Ähnlich wie bei der Kündigung wegen Bagatelldiebstahls müssen Sie bei der Kündigung wegen Betrug bei der Zeiterfassung eine Interessensabwägung vornehmen. Dabei spielen die Höhe des Schadens, die Dauer der (beanstandungsfreien) Beschäftigung eine entscheidende Rolle.