Pressemitteilungen: Wie gehen Sie mit Werbung um?

Immer wieder begegnet mir die grundlegende Verwechslung von Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. In über 20 Jahren Selbständigkeit habe ich beide Seiten der Medienwelt kennengelernt und weiß: Produktpromotion ist das Letzte, womit Sie Journalisten begeistern.

Wenn mich Unternehmen mit Pressearbeit und PR-Beratung beauftragen und die Sprache auf Themen und Inhalte kommt, dann können mir die meisten sofort alle Produkte herbeten. Natürlich sind Produktneuheiten auch ein Thema für die Pressearbeit, nur sollte das von Vertriebszielen entkoppelt werden. Dafür gibt es Werbemaßnahmen und Verkaufsförderung. Oft ist es ziemlich bitter: Niemand wartet auf Ihr neues Produkt. Kaum jemanden interessiert es und die Medien schon gleich gar nicht. Da können Sie Pressemitteilungen schreiben, so viel Sie wollen.

Als Einwand höre ich, dass bekannte Marken wie Apple oder Google bei Informationstechnologien, sämtliche Automarken, Flugzeughersteller wie Airbus und Boeing und andere Großunternehmen sehr wohl Produktneuheiten in der Tagespresse, im Wirtschaftsteil oder in Fachmagazinen unterbringen, ohne dafür Werbung zu schalten. Das ist richtig. Betrachten Sie aber diese Marken und die Berichte über ihre neuen Produkte etwas genauer. 

Sie werden feststellen, dass Sie gleich mehrere journalistische Auswahlkriterien erfüllen. Sie sind neu, haben große gesellschaftliche Relevanz, erheben zumindest den Anspruch innovativ zu sein und sind nicht selten emotional stark aufgeladen.

Journalisten sind nicht dazu da, die Werbetrommel zu rühren

Es geht Journalisten also nicht darum, für ein Produkt (oder eine Dienstleistung) die Werbetrommel zu rühren. Sie wollen vielmehr eine interessante Geschichte schreiben. Leser, Hörer und Zuschauer können ihrerseits sehr wohl unterscheiden, ob sie mit einer Werbebotschaft oder einem redaktioneller Beitrag konfrontiert sind. Ein Produkt, das aus der Reihe fällt, ist interessant. Steckt hinter einer Neuheit eine echte Innovation, die einen neuen Nutzen bietet? Dann ist das eine Nachricht wert.

Medien ist dabei herzlich egal, wie lange Sie an der Entwicklung gearbeitet haben, ob der Verkauf gut oder schlecht anläuft oder ob Ihr Werbeetat bereits überschritten ist. Pressearbeit ist kein Ersatz für schlechtes Marketing. Im Gegenteil, floppt eine Produkteinführung, dann wird das schneller zur Story, als Unternehmen lieb sein kann. Schlechte Nachrichten werden nun mal höher gehandelt als gute. Das muss man nicht mögen, ändern wird sich daran aber auch nichts.

Was können Sie in der Pressearbeit nun tun?

Schauen Sie bei Produktvorstellungen sehr genau hin! Streichen Sie aus dem Entwurf einer Pressemitteilung alles heraus, was nach Werbung klingt. Das sind in der Regel Superlative (größer, schneller, am besten…) und fragwürdige Nutzenversprechen wie "einmaliges Erlebnis", "besonderes Gefühl", "hervorragender Komfort". Bleibt danach kein Text mehr übrig, dann lag Ihnen bestenfalls der Text für eine Werbebroschüre vor, aber keine Pressemitteilung. Für einen neuen Ansatz denken Sie zunächst über Nachrichtenwerte wie aktuell, neu und nützlich nach.