Neues Urteil räumt mit Unsicherheit auf: Befristung der Anstellung nach Ausbildung oder Praktikum – Jetzt leichter ohne Sachgrund.

Wollten Sie bisher einem Auszubildenden eine befristete Aushilfs- oder Teilzeitbeschäftigung anbieten, dann hatten Sie ein Problem: Sie brauchten einen sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses. Einfach nur so eine Befristung zu vereinbaren – zum Beispiel, weil Sie nicht sicher sind, ob Sie in ein oder zwei Jahren noch genügend Arbeit haben – das ging im Streitfall schnell schief. Denn wenn die Befristung ohne Sachgrund erfolgt, kann aus dem befristeten Arbeitsverhältnis vor Gericht schnell ein unbefristetes werden.
Was bisher für Unsicherheit gesorgt hat§ 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) erlaubt Ihnen als Arbeitgeber zwar grundsätzlich, dass Sie einen Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund befristet abschließen können (bis zu 2 Jahre und innerhalb dieses Zeitraums maximal 3-mal verlängert). Das ist in § 14 Abs. 2 TzBfG festgelegt.

Aber: Diese Regelung gilt nicht, wenn mit der betreffenden Aushilfe oder Teilzeitkraft zuvor schon ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Und das hat bisher für Unsicherheit gesorgt: Mit einem Auszubildenden hatten Sie ja ein Arbeitsverhältnis – also brauchen Sie einen sachlichen Grund, wenn Sie ihn oder sie nach Ende der Ausbildung befristet anstellen wollten.

Neues Urteil schafft jetzt mehr Klarheit und mehr Freiheit für Sie
Mit dieser Unsicherheit räumt nun ein aktuell veröffentlichtes Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf (LAG Niedersachen, Urteil vom 04.07.2003, Az. 16 Sa 103/03). Kernaussage der Richter: Ein Ausbildungsverhältnis bzw. ein gesetzlich, vorgeschriebenes Praktikum ist überhaupt kein Arbeitsverhältnis! Bei einer Ausbildung stehe ja der Erwerb von Fähigkeiten beim jungen Mitarbeiter im Vordergrund.

Bei einem normalen Arbeitsverhältnis dagegen "verkauft" der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft an den Arbeitgeber. Also kann ein Auszubildender nach Ende der Ausbildung auch ohne sachlichen Grund nur befristet eingestellt werden! Und gerade das war ein Ziel des Teilzeit- und Befristungsgesetzes: Auszubildenden sollte der Einstieg ins Berufsleben erleichtert werden – auch durch die Schaffung von befristeten Teilzeit- Arbeitsverhältnissen.

Aber Vorsicht!
Ganz eindeutig ist die Sache auch nach dem neuen Urteil noch nicht. Es gibt weiterhin Sonderfälle. Denn entscheidend dafür, ob eine Ausbildung oder ein Praktikum tatsächlich kein "normales" Arbeitsverhältnis ist, ist nicht allein, was im Anstellungsvertrag steht, sondern wie der Auszubildende oder Praktikant tatsächlich eingesetzt wird. Am Sonderfall "freiwilliger Praktikant" wird klar, was damit gemeint ist.

Sonderfall Praktikant
Denkbar ist zum Beispiel dieser Fall:Ein freiwilliger Praktikant soll einen Beruf von der Pike auf lernen und packt während seiner Praktikumszeit wie ein normaler Arbeiter kräftig mit an. In diesem Fall könnte das Praktikum als normales Arbeitsverhältnis angesehen werden – auch, wenn über dem Anstellungsvertrag "Praktikum" steht. Es könnte also in diesem Fall Probleme geben, vor Gericht eine Befristung ohne sachlichen Grund durchzufechten.

Fazit für Sie:
Auszubildenden und Teilnehmern an gesetzlich vorgeschriebenen Praktika können Sie problemlos eine befristete Teilzeitbeschäftigung anbieten, auch wenn Sie keinen sachlichen Grund für die Befristung vorweisen können.

Beachten Sie die bisherige Regelung, dass die Befristung maximal 2 Jahre dauern darf (maximal 3 Verlängerungen innerhalb dieser 2 Jahre).

Eine Restunsicherheit besteht bei freiwilligen Praktikanten. Wenn Sie sichergehen wollen, bieten Sie diesen Jugendlichen eine befristete Teilzeitarbeitsstelle nur dann an, wenn Sie einen sachlichen Grund dafür haben. Sonst besteht die Gefahr, dass die Befristung vor Gericht erfolgreich angefochten werden kann.