Muss der Arbeitnehmer Arbeitspapiere und Zeugnis abholen?

Am Ende eines Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Herausgabe seiner Arbeitspapiere und eines Zeugnisses. So weit, so gut. Aber was heißt Herausgabe? Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat klar festgestellt, dass der Arbeitnehmer in der Regel das Zeugnis abzuholen hat. Nur in seltenen Fällen gibt es von dieser Pflicht eine Ausnahme.

Ein ehemaliger Mitarbeiter hatte mit seinem Ex-Arbeitgeber den Text für ein Zeugnis abgestimmt. Das ist in der Praxis auch nicht weiter unüblich. Allerdings wurde er nicht ausdrücklich darüber informiert, dass das Zeugnis zur Abholung bereit liegen würde. Daher klagte er auf Herausgabe des Zeugnisses gegen den ehemaligen Arbeitgeber. Aber sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht wiesen diese Forderung zurück (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Februar 2013, Aktenzeichen 10 Ta 31/13).

Der Arbeitnehmer argumentierte damit, dass der Arbeitgeber ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass er das Zeugnis abholen müsse. Doch das LAG gab dem Arbeitgeber recht. Das Gericht stellte fest, dass es sich sowohl bei der Zeugnis als auch bei den Arbeitspapieren um eine sogenannte Holschuld handelt. Das bedeutet im wahrsten Sinne des Wortes, dass der Arbeitnehmer diese Unterlagen abzuholen hat. Das Gericht sah keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Mitarbeiter darüber zu informieren, dass er das Zeugnis abholen könne.

Daher wurde der Mitarbeiter auch mit seiner Klage nichts. Denn die gerichtliche Geltendmachung setzt beim Zeugnisanspruch einen erfolglosen Abholversuch des Arbeitnehmers oder die Darlegung konkreter Tatsachen voraus, aus denen sich deutlich ergibt, dass ein Abholversuch erfolglos geblieben wäre. Solche Tatsachen hatte der Mitarbeiter aber nicht vorgetragen. Eine solche Tatsache wäre es zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber eindeutig erklärt hätte, dass er sich weigert, das Zeugnis auszustellen.

Ausnahme von der Holschuld

Das Bundesarbeitsgericht sieht nur in seltenen Ausnahmefällen eine Ausnahme von dieser Holschuld nämlich dann, wenn im konkreten Fall aufgrund von Treu und Glauben etwas anderes geboten ist. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn man dem Arbeitnehmer vorher signalisiert hat, dass er das Zeugnis zugeschickt bekommt oder wenn ihm ein Hausverbot erteilt wurde.

Wichtig: Sie müssen nicht darauf hinweisen, dass der Arbeitgeber das Zeugnis abholen muss

Auch wenn Sie nicht verpflichtet sind, den Mitarbeiter darüber zu informieren, dass er das Arbeitszeugnis abholen muss, so ersparen Sie sich doch völlig unnötige Streitigkeiten, wenn Sie dies tun. Weisen Sie den Mitarbeiter daher auf die Holschuld bezüglich des Zeugnisses und der Arbeitspapiere hin. Sie können das zum Beispiel bereits im Kündigungsschreiben mit einem Satz wie dem folgenden tun:

“Ihre Arbeitspapiere und das Zeugnis können Sie am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses in der Personalabteilung abholen“.

Streitigkeiten darüber, ob Sie dem Mitarbeiter darüber hätten informieren müssen, ob er das Zeugnis und die Arbeitspapiere abholen muss, verschwenden nur Ihre Zeit und Ihre Nerven. Sorgen Sie daher besser durch eine entsprechende Mitteilung an den Ex-Arbeitnehmer für Klarheit, selbst wenn Sie gesetzlich dazu nicht verpflichtet sind.