Muslime verstehen: Demokratische Bemühungen unterstützen
Dies liegt nicht zuletzt an den radikalen islamischen Kräften, welche nichts von einer Demokratisierung hören wollen. Diese Einschätzung vertraten auch die Delegierten des "Kongress der Demokraten der Islamischen Welt", der am 13. April 2004 in Istanbul stattfand.
Doch die Delegierten erwähnten in Zusammenhang der Zurückdrängung notwendiger Reformen auch westliche Eigeninteressen. Diese stützten einerseits jahrelang die autoritären Regime im Nahen Osten und wollen nun allen Ländern einen einheitlichen demokratischen "Reform-Hut" überstülpen. Dies häufig, ohne den Besonderheiten der jeweiligen Länder gerecht zu werden.
Der jordanische Außenminister Marwan Muasher warnte in diesem Zusammenhang vor zu viel Druck von außen. Massiver Druck von außen würde nur den Gegnern der Reformen nutzen. Extremisten können nur zur Macht gelangen, weil sie die Unzufriedenheit der Bevölkerung zu ihren Gunsten ausnutzen können. Um Extremisten etwas entgegen zu stellen "brauchen wir unser eigenes Modell", so Muasher (General Anzeiger: Selbstbewusste Moslems in der Zange. 14.04.2004, S.4).
Solche geschilderten Bestrebungen islamischer Reformer zu unterstützen, sollte im Interesse aller sein. In den jeweiligen Ländern aber auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Für einen modernen, europäischen Islam
Dass Muslime sehr wohl eine Chance für einen modernen oder europäischen Islam sehen, belegen die vielfältigen muslimisch motivierten Vereinsbildungen innerhalb der Bundesrepublik. Daneben gilt es immer zu bedenken, dass nur ein geringer Teil der Muslime durch muslimische Vereine repräsentiert wird. Es ist leider nicht bekannt, welche Haltung die 80% bis 90% nicht organisierten Muslimen haben.
Gleichsam ist unbekannt, wie hoch der Anteil an Kulturmuslimen (Muslime, die nur dem Namen nach Muslime sind) ist. Dabei ist davon auszugehen, dass dieser Anteil recht groß sein dürfte.
Die politischen und sozialen Integrationsmaßnahmen sollten vor allem diesen Personenkreis zu integrieren suchen. Nur durch Integration kann verhindert werden, dass sich diese Personenkreis nicht durch eine politisch inszenierte Isolation, extremistischen Formen des Islam zuwendet. Es gilt als bekanntes Phänomen, dass sich Menschen in Notsituationen wieder ihrer Religionsform erinnern und sich dieser zuwenden.
Die Mehrheitsgesellschaft kann durch Integration dazu beitragen, dass die große Zahl der hier heimisch gewordenen Muslime sich nicht in eine solche Notsituation gedrängt fühlt. Neben der allgemein notwendigen Integration sollten die Bestrebungen zur "Modernisierung" des Islam unterstützt werden.
(1)Zentrum für Türkeistudien (Hrsg.): Türkei-Sozialkunde. Wirtschaft, Beruf, Bildung, Religion, Familie, Erziehung, Opladen 1991, S. 111-117, S. 116
(2) Tibi, B.: Die fundamentalistische Herausforderung. Der Islam und die Weltpolitik, München, 1993, S. 70f