Ist ein Beschäftigter arbeitsunfähig erkrankt, muss er auch keine Arbeitsleistung erbringen. Fraglich ist jedoch, ob er dann zumindest an einem Personalgespräch teilnehmen muss.
Chef ordnet Personalgespräch an
Nachdem ein Arbeitgeber den relativ kurzfristigen Urlaubsantrag einer Angestellten abgelehnt hatte, ließ sich diese vom 20.03.2013 bis einschließlich 30.06.2013 krankschreiben. In dieser Zeit wollte der Chef mehrere Personalgespräche mit der Frau führen. Die lehnte eine Teilnahme jedoch stets ab, weil sie zuvor nicht über den Inhalt des geplanten Gesprächs informiert worden war.
Der Arbeitgeber sprach daher zunächst eine Abmahnung und später eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Zwar sei die Angestellte während der angeordneten Gespräche krank gewesen – sie habe in dieser Zeit daher keine Arbeitsleistung erbringen müssen.
Die Teilnahme an einem Mitarbeitergespräch stelle jedoch keine Arbeitsleistung dar, sondern vielmehr die Erfüllung einer Nebenpflicht. Mit ihrer Weigerung, zu einem Gespräch zu erscheinen, habe sie somit eine vertragliche Pflicht verletzt, was wiederum die Kündigung rechtfertige. Der Streit der Parteien endete vor Gericht.
Keine Pflicht zur Teilnahme am Personalgespräch
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg hielt die Kündigung für unwirksam. Die Angestellte hatte nämlich keine Pflichtverletzung begangen, die eine Kündigung gerechtfertigt hätte.
Gesprächsinhalt blieb unklar
Schließlich war die Angestellte nicht verpflichtet, zu einem Mitarbeitergespräch zu erscheinen. Zwar kann der Arbeitgeber seine Beschäftigten unter Umständen zur Teilnahme auffordern – aber nur, wenn er dabei eine Weisung nach § 106 S. 1 und 2 Gewerbeordnung (GewO) erteilen bzw. deren Nichtbeachtung rügen möchte.
Arbeitgeber dürfen mit einer Weisung beispielsweise die Hauptpflichten der Vertragsparteien näher bestimmen, also etwa den Arbeitszeitbeginn – sofern dies nicht bereits im Arbeits- bzw. Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder von Gesetzes wegen geregelt wurde. Unzulässig sind dagegen Weisungen über z. B. die Höhe des Gehalts oder den Umfang der zu leistenden Arbeit. Vorliegend blieb für das Gericht jedoch der Inhalt des Personalgesprächs bis zuletzt unklar. Damit konnte nicht beurteilt werden, ob der Arbeitgeber seine Beschäftigte zur Teilnahme zwingen konnte.
Keine Teilnahmepflicht bei Krankheit
Darüber hinaus musste die Arbeitnehmerin auch deshalb nicht an den angeordneten Personalgesprächen teilnehmen, weil sie an den betreffenden Tagen arbeitsunfähig erkrankt war. In solch einem Fall müssen Beschäftigte weder arbeiten und ihre Nebenpflichten, etwa pünktlicher Arbeitsbeginn, erfüllen noch an einem vom Chef angeordneten Mitarbeitergespräch teilnehmen.
Das gilt insbesondere, wenn das Personalgespräch die Arbeitsleistung des betreffenden Angestellten zum Thema hat, was vorliegend mangels Information durch den Chef jedoch unbekannt blieb. Außerdem war kein Grund ersichtlich, warum der Arbeitgeber das Gespräch unbedingt an einem Zeitpunkt anordnen musste, an dem die Beschäftigte krankgeschrieben war. Er hätte vielmehr ihre Genesung abwarten müssen.
Übrigens: Eine Teilnahmepflicht entfällt selbst dann, wenn es einem Angestellten trotz der Erkrankung theoretisch möglich wäre, zu einem Mitarbeitergespräch zu erscheinen.
(LAG Nürnberg, Urteil v. 01.09.2015, Az.: 7 Sa 592/14, n. rkr.)
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