Keine rechtliche Verpflichtung für ständige Erreichbarkeit

Man möchte den Kollegen nicht hängen lassen oder vor dem Chef glänzen – und schon wird man regelmäßig abends und am Wochenende angerufen. Doch sind Sie wirklich zur ständigen Erreichbarkeit verpflichtet?

Ständige Erreichbarkeit – nur ein Drittel sagt „nein“ 
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Ja klar, kannst du mich anrufen, wenn du nicht weiter kommst, ich nehm’ mein Handy sowieso mit." Schnell und manchmal ohne Nachdenken erfolgt solch eine Zusage. Einmal, zweimal und immer öfter. Und auch dann, wenn es Ihnen nicht passt oder Sie vorher gar nicht mehr gefragt wurden.

Denn oft gibt es keine klare Regelung, wann wirklich Feierabend ist und die ungeschriebene Erwartungshaltung, auch abends und am Wochenende für den Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen. Denn dies ist nicht nur ein persönliches Problem, sondern auch gesellschaftliches Verhalten. Überprüfen Sie beim Lesen der folgenden Zahlen, wo Sie sich derzeit wiederfinden. Und überlegen Sie gleich, ob Sie damit zufrieden sind.

Absprachen, Regeln, Vereinbarungen oder 24-Stunden-stand-by-Gefühl?
Zunehmend wird eine hohe Flexibilität erwartet und eingefordert. Das führt dazu, dass die Grenzen zwischen Arbeitszeit und freier Zeit immer mehr verschwimmen. Zumindest konnten 56 Prozent der Befragten angeben, dass immerhin feste Absprachen mit dem Arbeitgeber existieren, wann wirklich Feierabend ist.

Bei 34 Prozent handelt es sich dabei um persönliche Vereinbarungen. Bei immerhin 22 Prozent gibt es allgemeine Vorgaben des Arbeitgebers, die für alle Mitarbeiter gelten. Was auffällt ist: Bei immerhin 41 Prozent der Berufstätigen gibt es keine klaren Regeln für die Erreichbarkeit am Feierabend oder Wochenende. Das heißt dann in letzter Konsequenz: Ein Gefühl der permanenten Erreichbarkeit oder wie ich es nenne ein 24-Stunden-stand-by-Gefühl.

Ich tu’s für meine Karriere – doch macht das überhaupt Sinn?
Rechtlich kann es sein, dass Sie nicht zur Verfügung stehen müssen, sondern Feierabend und Wochenende ungestört genießen könnten. Unabhängig davon kann trotzdem eine "Zwickmühle" entstehen, wenn man aus Karrieregründen zum Chef nicht nein sagen möchte.

Dann betrachten Sie diesen zusätzlichen Einsatz als Investition in die Karriere. Überprüfen Sie jedoch, ob sich Ihre Investition auszahlt oder ob Sie schlicht und einfach ausgenutzt werden. Bemerkt, würdigt und honoriert (als Anerkennung) Ihr Chef überhaupt Ihren Einsatz? Wenn nein, ist dies eine ungeeignete Strategie, sich unentbehrlich zu machen.

Ich tu’s für meine Kollegen – doch wo bleibe ich?
Ein weiterer Grund für ständige Rufbereitschaft: Man will die Kollegen oder Kunden nicht "hängen" lassen. Dann sollten Sie allerdings gut abwägen, was Sie wirklich leisten können und mit Blick auf Partnerschaft oder Familie wollen. Und wenn schon ein "ja" kommt, dann dehnen Sie die verfügbaren Zeiten nicht zu einer 24-Stunden-Bereitschaft aus.

Trauen Sie sich, Begrenzungen zu setzen. Beispielsweise mit der Regel "keine Anrufe nach 20 Uhr" oder "samstags zwischen neun und 16 Uhr ja, aber sonntags nicht". Und vor allem: Verhandeln Sie einen fairen zeitlichen oder finanziellen Ausgleich. Sonst bleiben Sie über kurz oder lang auf der Strecke und fühlen sich ausgenutzt.

Jetzt sind Sie dran – permanente Erreichbarkeit?
Überprüfen Sie für sich die vorgestellten Informationen. Was passt zu Ihrer Situation? Wenn Sie herausgefunden haben, dass es Klärungsbedarf gibt, dann überlegen Sie, was Sie wollen. Legen Sie sich die passenden Argumente zurecht. Wenn Sie noch etwas unsicher sind: Gehen Sie das Gespräch mit einer vertrauensvollen Person zur Übung durch.

Dann merken Sie schnell, wo noch Schwachstellen sind und Sie z. B. mehr an Ihrem Selbstbewusstsein oder Ihren Argumenten feilen müssen. Erst dann führen Sie ein Klärungsgespräch zu einem für Sie günstigen Zeitpunkt.

Gutes Gelingen! Ihre Wera Nägler, Expertin für Büroorganisation