Jugendschutz und Antidiskriminierung in der Praxis

Jugendschutz und Antidiskriminierung sind Themen, die das gesamte Miteinander gestalten (sollten). In der Praxis lassen sich diese Aspekte meist nicht hundertprozentig umsetzen. Insbesondere im Arbeitsverhältnis müssen Kompromisse geschlossen werden, die sowohl die gesetzlichen und persönlichen Belange unter einen Hut bringen, und nebenbei das unternehmerische Ziel nicht aus den Augen verlieren.

Andersbehandlung von jungen Menschen ist grundsätzliche Diskriminierung

Antidiskriminierung fängt bereits bei der Sichtung der Bewerbungsunterlagen an. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz dürfen Menschen weder aufgrund ihrer Rasse und ethnischen Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identifikation diskriminiert werden. Und doch soll jeder Mitarbeiter das Unternehmen als solches repräsentieren.

Als Diskriminierung wird jede Art der Andersbehandlung angesehen. Das Jugendschutzgesetz sieht aber vor, bei minderjährigen Auszubildenden (aufgrund des Alters) eine besondere Sorgfalt in Bezug auf Verletzungsgefahren und Überbeanspruchung walten zu lassen.

Jugendliche dürfen nicht in der Nachtschicht arbeiten, sie haben kaum Möglichkeiten, in wechselnden Niederlassungen zu walten und werden bei Geschäftsreisen außen vor gelassen, wobei insbesondere sie neuer Erfahrungen bedürfen, um ihren Horizont zu erweitern.

Auch bei Jubiläen und Arbeitsessen darf der minderjährige Azubi längst nicht alles essen und trinken, was seine älteren Kollegen ihm kollektiv vormachen. Muss der Auszubildende eine Mittagspause machen, oder darf er? Wenn er es selbst entscheiden kann, darf er seine Pause am Arbeitsplatz verbringen?

Eine Rücksprache mit dem Ausbildungsberater der Kammer förderte zutage, dass niemand, auch kein jugendlicher Auszubildender gezwungen werden kann, eine Pause zu machen. Wie jeder andere Mitarbeiter darf auch der Auszubildende seine Pause an der Werkbank oder am Schreibtisch verbringen. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass dabei weder für ihn noch für Kollegen und Arbeitsmaterialien Gefährdungen oder Risiken bestehen.

Grade der Diskriminierung

Diskriminierung wird daher in mehrere Bereiche unterteilt, bei denen die Wirkung ausschlaggebend ist, nicht das Motiv. Eine unmittelbare Benachteiligung entsteht, wenn die Übervorteilung aufgrund direkter Merkmale formuliert wurde (z. B. durch geschlechtsspezifische Formulierungen in Stellenausschreibungen). Mittelbare Benachteiligungen gelten scheinbar für alle Mitarbeiter, sie sind merkmalsneutral. Z. B. findet jeden zweiten Mittwoch während der Arbeitszeit im Monat eine Vollversammlung statt, an denen alle Mitarbeiter teilnehmen dürfen/sollen – nur doof, dass gerade mittwochs Berufsschule ist. De facto können Azubis an diesen Besprechungen nicht mitwirken.

Selbstverständlich sind (sexuelle) Belästigungen ebenfalls eine Form der Diskriminierung. Auch hierbei ist ausschlaggebend, dass sich das Opfer durch die unerwünschte Verhaltensweise eingeschüchtert, beleidigt, erniedrigt oder ausgegrenzt fühlt, die Aktion muss dies nicht zum Ziel haben.

Die Verantwortung für ein faires Miteinander liegt bei jedem Einzelnen. Auch der "kleine Praktikant" – ohne ihn bzgl. seiner Körpergröße oder Stellung diskriminieren zu wollen – ist angehalten, Auffälligkeiten z.B. an Vorgesetzte zu melden, damit die "schlechte Angewohnheit" des Mitarbeiters nicht zu einer Diskriminierung bzw. zum Mobbing wird.

Sollten Sie sich selbst ausgegrenzt fühlen, legen Sie sich bitte ein kleines Büchlein zu, in dem sie über ein paar Wochen die Vorfälle dokumentieren. Schreiben Sie auf, was wann wo passiert ist, von wem die Attacke ausging und wer das evtl. bezeugen kann. Das hilft Ihnen nicht nur als handfester Beweis bei Ihrem Chef, sondern auch vor Gericht. Nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter, es wird selten von alleine besser.