Ist es in Ihrem Büro zu kalt? Welche Pflichten haben Arbeitgeber?

Wer morgens um 7.00 Uhr bei eisigen Temperaturen ins Büro fährt, der freut sich auf einen warmen Arbeitsplatz. Doch was passiert, wenn die Heizung im Büro den Dienst versagt? Sind Arbeitnehmer gezwungen im Büro zu arbeiten, wenn der Atem den Bildschirm beschlägt und die Hände klamm vor Kälte sind? Kommt darauf an, sagen Rechtsexperten. Einen Rechtsanspruch auf ein warmes Büro gibt es nicht.

Die gute Nachricht vorweg: Angestellte müssen im Büro nicht frieren. Das Recht ist auf der Seite der Angestellten. Auch im Winter bei niedrigen Außentemperaturen hat der Arbeitgeber Sorge dafür zu tragen, dass die Raumtemperaturen das Arbeiten ermöglichen. Festgelegt wird dies in der Arbeitsstättenverordnung (Gemäß § 3 Abs. 1 ArbStättVO in Verbindung mit Ziffer 3.5).

Der Gesetzgeber hat sogar Temperaturuntergrenzen festgelegt, nach denen sich der Arbeitgeber zu richten hat. „Die dortigen Regelungen sind aber nicht allumfassend und lassen Gestaltungsspielraum“, sagt der Arbeitsrechtsexperte Heinz-Joachim Kalb aus Düsseldorf. Abhängig sind die Grenzen von der Arbeitsschwere, der Arbeitshaltung und dem konkreten Betriebsraum.

So sollten in Arbeitsräumen zwischen mindestens +20°C bei leichten Arbeiten im Sitzen und +17°C bei mittelschweren Arbeiten im Stehen oder Gehen gewährleistet sein. Bei schweren Arbeiten ist dagegen eine Temperatur von +12°C noch ausreichend. In Pausen-, Bereitschafts-, Liege-, Sanitär- und Sanitätsräumen müssen während der Nutzung dieser Räume mindestens +21°C herrschen. Weiterhin empfiehlt die Arbeitsstättenverordnung eine Höchst-Raumtemperatur von bis zu +26°C.

Bei darüber liegender Außentemperatur darf jedoch in Ausnahmefällen auch die Lufttemperatur im Innenraum höher sein. „Generell gibt es demnach also grundsätzlich weder Hitze- noch Kältefrei“, schließt Mark Marc Florian Teßmer, Arbeitsrechtler aus Düsseldorf mit eigener Kanzlei.

Trotz der oben genannten Regelungen gibt es noch keine eindeutige Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zum Thema der Über- bzw. Unterschreitung von Temperaturen am Arbeitsplatz. So existieren lediglich einige zivilrechtliche Entscheidungen zum Gewerbemietrecht. 

So hat etwa das Landgericht Bielefeld am 26.03.2003 (– 3 O 411/01 –) entschieden, dass ein Vermieter verpflichtet sei, die Einhaltung der 26-Grad-Grenze in den vermieteten Räumlichkeiten zu gewährleisten. Zu diesem Ergebnis gelangte das Gericht, da es die Arbeitnehmerschutzvorschriften aus der ArbStättVO in Verbindung mit der Arbeitsstättenrichtlinie zugunsten der Mieter herangezogen hat.

Was Arbeitgeber beachten müssen

Der Winter stellt nicht nur Belastungen für Arbeitnehmer dar, sondern auch Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter am Arbeitsplatz nicht frieren. So haftet laut Marc Florian Teßmer der Arbeitgeber nach § 618 Absatz 3 BGB für gesundheitliche Schäden der Mitarbeiter, die ein kaltes Büro mit sich bringt. Nach §§ 842 bis 846 ist er sogar für Schadenersatz haftbar.

Dabei ist aber ein etwaiges Mitverschulden des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, sagt der Arbeitsrechtler. Fällt die Heizung im Büro aus, ist der Arbeitgeber verpflichtet, sofort geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheitsgefährdung der Mitarbeiter zu verhindern.

Werden die Mindestwerte in Arbeitsräumen auch bei Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten nicht erreicht, ist der Schutz gegen zu niedrige Temperaturen in folgender Rangfolge durch zusätzliche arbeitsplatzbezogene technische Maßnahmen zu gewährleisten, sagt Teßmer:

  • Wärmestrahlungsheizung und  Heizmatten
  • organisatorische Maßnahmen (z. B. Aufwärmzeiten) oder
  • personenbezogene Maßnahmen (z. B. geeignete Kleidung)

Ist die Heizung kaputt, muss ein Handwerker her. Dabei gibt es keine festen Wartezeiten, sagt der Anwalt. Der Arbeitnehmer müsse laut Teßmer jedoch seine Gesundheit nicht gefährden. „Pauschale Handlungsanweisungen können nicht gegeben werden. Es muss jeweils in der konkreten Situation angemessen gehandelt werden, damit auch die betrieblichen Belange, wie beispielsweise der Diebstahlschutz und die Sicherheit nicht gefährdet werden“.

Grundsätzlich ist jedoch der Arbeitgeber auch für das Gefahrenmanagement verantwortlich. Wer als Arbeitgeber nicht lange auf den Handwerker warten will, der kann einen Serviceverträge abschließen. In einem solchen Fall muss der Handwerker die Heizung in einer bestimmten Zeit reparieren, wenn der entsprechende Vertrag auch die regelmäßige Wartung der Heizung beinhaltet.

Ansonsten gibt es wie so häufig, bei plötzlichen Kälteeinbrüchen und entsprechenden Systemausfällen durch den bedingten Mehrbedarf längere Wartezeiten. Wer als Arbeitgeber verhindern möchte, dass die Heizung ausfällt, dem empfiehlt Florian Teßmer Wartung und Kontrolle und „das Vorhalten einer technisch nicht veralteten Anlage“ sowie mobiler Heizgeräte.

„Hier dürfte es jedoch zumeist an der Finanzierbarkeit fehlen“, sagt der Anwalt, der aber zu bedenken gibt, dass sich eine solche Anschaffung auch lohnen kann, da durch Heizgeräte im Falle des Falles weitergearbeitet werden kann und es nicht zu einem Arbeitsausfall kommt.

Was Arbeitnehmer wissen müssen

Wer als Arbeitnehmer ein kaltes Büro vorfindet, der kann nicht etwa nach Hause gehen. Nur in absoluten Ausnahmefällen können Arbeitnehmer, laut der Dienstleistungsgewerkschaft verdi berechtigt sein, ihre Arbeitsleistung gemäß § 273 BGB zurückzubehalten und die Arbeit einzustellen.

Ein solcher Fall könnte nach Angaben von verdi vorliegen, wenn der Arbeitgeber keinerlei Maßnahmen zum Schutz vor den Temperaturen unternimmt und die Weiterarbeit unter diesen Umständen für die Arbeitnehmer ein konkretes Gesundheitsrisiko darstellt.

Nur in diesen Ausnahmefällen könnten Arbeitnehmer die Arbeit unter unvermindertem Entgeltanspruch einstellen, ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnung oder schlimmstenfalls eine Kündigung befürchten zu müssen. Kältefrei sei Ultima Ratio, also letztes Mittel, sagt der Düsseldorfer Arbeitsrechtler Heinz-Joachim Kalb und nur dann durchsetzbar, wenn keine andere Möglichkeit der Abhilfe besteht.

Aber auch hier gilt: Einseitig lässt sich Kältefrei nicht durchsetzen. Dies bedarf der Absprache zwischen allen Beteiligten (Arbeitnehmer und Arbeitgeber). Reagiert der Arbeitgeber nicht auf Beschwerden über zu kalte Büros, steht dem Arbeitnehmer laut Marc Florian Teßmer ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung  zu (§ 273 Abs. 1 BGB).

„Arbeitnehmer dürfen dann ihre Arbeitsleistung verweigern, wenn der Arbeitgeber nichts gegen die Kälte unternimmt und damit gegen seine Fürsorgepflicht verstößt“. Der Arbeitnehmer behält dabei seinen Vergütungsanspruch.

Er darf so lange der Arbeit fernbleiben, bis der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen ergriffen hat, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Auch der Betriebsrat kann hilfreich sein. „In Betrieben mit Betriebsrat sollte sofort der Betriebsrat informiert werden“, sagt Teßmer, da er in diesen Bereichen zahlreiche Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte habe.

Zitate von Anwälten

Mark Marc Florian Teßmer, Fachanwalt für Arbeitsrecht:

„Nein natürlich muss niemand frieren aber auch niemand muss schwitzen.
Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet  Räume, Vorrichtungen oder
Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so
einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner
Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der
Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist,
als die Natur der Dienstleistung es gestattet – so der Gesetzgeber in §
618 BGB.“

Heinz-Joachim Kalb, Anwalt für Arbeitsrecht bei der  Kanzlei Wagner Pauls Kalb aus Düsseldorf:

„Arbeitsrechtlich lassen sich Raumtemperaturen kaum durchsetzen. Alle
Vorgaben sind als Richtwert zu betrachten. Auch ein Recht zur
Verweigerung der Arbeitsleistung ist daraus nicht herzuleiten.
Entsprechend sollten Angestellte auch nicht in einen Streik treten.“

Wie Sie sehen, gibt keine einheitliche Regelung für den Fall, dass es im Büro zu kalt ist. Auf experto.de finden Sie nützliche Ratschläge, wie Sie mit der Kälte umgehen.

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