Ist die Formulierung „kennen gelernt“ im Zeugnis erlaubt?

Würden Sie nicht auch gerne nicht bei jeder Zeugnisformulierung überlegen müssen, ob sie erlaubt ist? Denn Ihre Pflicht zur wohlwollenden, aber sachlich korrekten Beurteilung und der berühmte "Zeugnisgeheimcode" erleichtern das Abfassen eines richtigen Zeugnisses nicht gerade. Im Bezug auf die Formulierung "wir haben ... als ... kennen gelernt" hat jetzt das BAG für etwas Entspannung gesorgt.

Am Ende eines Arbeitsverhältnisses besteht immer in die Verpflichtung für den Arbeitgeber, ein wohlwollendes aber sachlich wichtiges Zeugnis auszustellen. Der "Zeugnisgeheimcode" und die zahlreich dazu erschienene Literatur geben eine erste Orientierung.

Denn was machen Sie, wenn Sie eigentlich einem Mitarbeiter eine nicht optimale Leistung bescheinigen müssen, auf der anderen Seite aber Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht vermeiden wollen? Dann bietet es sich an, sich an üblichen Formulierungen zu orientieren.

Ist "kennen gelernt" negativ?

Dass auch diese nicht immer ganz eindeutig sind, musste jetzt ein Arbeitgeber erfahren. In dem Zeugnis eines Mitarbeiters, der von 2004-2007 in dem Unternehmen beschäftigt war formulierte der Arbeitgeber unter anderem:

"Wir haben … als sehr interessierten und hoch motivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte."

Gegen dieses Zeugnis wehrte sich der Ex-Mitarbeiter gerichtlich. Er sah in der Formulierung "Wir haben … kennen gelernt" einen versteckten Hinweis auf eine negative Bewertung. Der Arbeitgeber habe so zum Ausdruck bringen wollen, dass dieser desinteressiert und nicht motiviert sei.

Die Sache ging bis vor das Bundesarbeitsgericht. Dies entschied zu Gunsten des Arbeitgebers (Urteil vom 15.11.2011, Az.: 9 AZR 386/10). Die Richter konnten nämlich keinesfalls feststellen, dass die Formulierung "Wir haben … kennen gelernt" in der Berufswelt überwiegend negativ verstanden wird. Insbesondere erwecke sie nicht den Eindruck von Desinteresse oder fehlender Motivation des Klägers.

Arbeitgeber müssen nicht immer nachgeben

Für Sie bedeutet das, dass Sie diese übliche Formulierung ohne Wenn und Aber weiter verwenden dürfen, ohne befürchten zu müssen, dass diese Ihr Zeugnis angreifbar macht. Und er zeigt Ihnen auch, dass nicht immer Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht gewinnen. Auch als Arbeitgeber müssen Sie nicht immer nachgeben. Allzu großen Begehrlichkeiten sollten Sie einen Riegel vorschieben, wenn dies möglich ist. Denn das hat auch Signalwirkung in Bezug auf andere Arbeitnehmer.

Dieser Rechtsstreit zeigt aber auch, wie sorgfältig Arbeitnehmer Zeugnisse lesen. Vermeiden Sie besser jeden Hinweis auf negative Eigenschaften des Arbeitnehmers. Denn dies kann schnell dazu führen, dass Sie sich mit Ihrem Ex-Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht wieder finden.