Immer mehr Nachhilfe: die Schule neben der Schule

In Frankreich bezahlen die Eltern für Nachhilfe ca. 2,2 Milliarden Euro pro Jahr, in Deutschland rund 1,5 Milliarden. In Griechenland sind es rund 950 Millionen Euro, das entspricht etwa 20 Prozent der staatlichen Ausgaben für die Schulbildung. Auch in Großbritannien und Belgien ist die Tendenz steigend. Dagegen nehmen die Schüler in Schweden und Finnland deutlich weniger private Nachhilfe in Anspruch.

Nachhilfe – steigende Tendenz
Diese Zahlen stammen aus dem Bericht der Generaldirektion Bildung und Kultur der Europäischen Kommission "The challenge of shadow education". Der Bericht zeigt, dass private Nachhilfe in der gesamten EU ein Thema ist und dass sie in den meisten Mitgliedsländern beträchtlich zugenommen hat.

Nebenwirkungen von Nachhilfeunterricht auf Kinder und Schule
In dem Bericht geht es nicht nur darum, das Phänomen Nachhilfe aufzuzeigen. Vielmehr übt die Kommission auch Kritik: Zu viel private Förderung könne die Freizeit der Kinder auf eine psychologisch und pädagogisch unerwünschte Weise einschränken.

Auch eine Wechselwirkung mit dem jeweiligen Schulsystem der europäischen Länder ist festzustellen: Finanzielle Kürzungen im Bildungsbereich führen in einigen Ländern dazu, dass weniger Lernunterstützung innerhalb der Schule bereitgestellt wird. Der private Markt wird dort umso mehr nachgefragt. Kann diese Privatisierung von Bildung und Lernen im Sinn eines Staates sein?

Kinder aus einkommensschwachen Familien benachteiligt
Vor allem aber verschiebt sich die Chancengerechtigkeit noch mehr zu Ungunsten von Kindern aus Familien, die auf Leistung nicht so viel Wert legen oder die das Geld für den privaten Nachhilfeunterricht nicht aufbringen können.

Denn das "Schattenbildungssystem" Nachhilfe und Hausaufgabenbetreuung wird v. a. von leistungsorientierten Eltern nachgefragt, die ihre Kinder besonders fördern wollen. So erhalten die ohnehin schon Privilegierten noch mehr Vorteile und die Schere zu den Schülern, die einen tatsächlichen Unterstützungsbedarf haben, öffnet sich noch mehr.

Ausgleich durch das Bildungs- und Teilhabepaket
Dem Kritikpunkt "Chancengerechtigkeit" wird in Deutschland seit März 2011 durch das Bildungs- und Teilhabepaket begegnet. Für rund 2,5 Millionen Kinder und Jugendlichen aus armen Familien können Gutscheine für Nachhilfe beantragt werden.

Hamburg hat Finanzmittel aus dem Programm in ein Gesamtkonzept "Fördern statt wiederholen" integriert, in dem Förderunterricht und Nachhilfe durch Privatpersonen ineinander greifen und Lehrer und Nachhilfelehrer eng zusammenarbeiten. Dies verspricht eine hohe Effizienz.

Was kann die Schule tun?
Damit sind wir bei der Frage angekommen, was die Schule tun kann, damit Eltern nicht zusätzlich noch tief in die Tasche greifen müssen, damit ihre Kinder das Klassenziel und einen begabungsgemäßen Schulabschluss erreichen. Folgende Maßnahmen stehen Ihnen als Schulleiter zur Verfügung:

  • Initiieren Sie ein Ganztagsangebot an Ihrer Schule. So erhalten Schüler, die zu Hause nicht unterstützt werden können, von Ihren pädagogischen Fachkräften die Betreuung, die sie brauchen.
  • Falls dies nicht möglich ist, sorgen Sie z. B. mit Unterstützung des Fördervereins und der Elternvertreter für eine Hausaufgabenbetreuung an Ihrer Schule.
  • Zeigen Sie Ihren Lehrern, dass Hausaufgaben keine Nebensache sind. Vor allem müssen die Schüler in der Schule "das Lernen lernen", so dass sie die Hausaufgaben und die Vorbereitung auf Klassenarbeiten selbstständig bewältigen können.