Hören Sie den Betriebsrat immer auch zur Verdachtskündigung an

Die in § 102 BetrVG geregelte Anhörung des Betriebsrates vor Ausspruch einer Kündigung ist seit Jahren eine der größten Fehlerquellen bei Kündigungen des Arbeitgebers. Die Folge: Die Kündigung ist von vornherein alleine wegen der fehlerhaften Anhörung unwirksam. Worauf Sie als Arbeitgeber bei Verdachtskündigungen achten sollten, ergibt sich aus einem Urteil des LAG Hessen.

Eine Verdachtskündigung kommt in Betracht, wenn dem Mitarbeiter eine Straftat oder ein sonstiger schwerer Pflichtverstoß zur Last gelegt wird, der sich aber nicht hundertprozentig beweisen lässt. Es liegt auf der Hand, dass aufgrund des fehlenden eindeutigen Beweises sehr strenge Anforderungen an die Zulässigkeit der Verdachtskündigung gestellt werden.

Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung

Die Gerichte verlangen in erster Linie für eine zulässige Verdachtskündigung:

  • einen dringenden Tatverdacht, dass der Mitarbeiter eine Straftat
    oder sonstige schwere Verletzung des Arbeitsvertrages begangen hat
  • dieser Tatverdacht muss auf Tatsachen beruhen.
  • vor Ausspruch der Kündigung muss der Mitarbeiter zu den Vorwürfen
    angehört werden; er muss die Möglichkeit haben, diese zu entkräften.

Daneben gelten selbstverständlich die allgemeinen
Kündigungsvoraussetzungen, wie etwa Schriftform der Kündigung und
ordnungsgemäße Unterschrift.

Anforderungen an die Betriebsratsanhörung vor einer Verdachtskündigung

Das LAG Hessen hat mit Urteil vom 18.4.2012 (18 Sa 1474/11) dazu entschieden, welche Voraussetzungen an die nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz erforderliche Betriebsratsanhörung vor Ausspruch der Verdachtskündigung zu stellen sind. Diese Regelung führt dazu, dass Kündigungen, bei denen der Betriebsrat nicht vorher ordnungsgemäß angehört wurde, von vornherein unwirksam sind. Auf die Kündigungsgründe kommt es allein wegen dieses formellen Fehlers dann nicht mehr an. Daher ist es erforderlich, den Betriebsrat umfassend zu allen Gründen anzuhören.

Insbesondere bedeutet das, dass der Betriebsrat auch ausdrücklich zu einer beabsichtigten Verdachtskündigung anzuhören ist. Das LAG Hessen hat eindeutig festgelegt, dass die Anhörung zur normalen Tatkündigung nicht automatisch auch die Anhörung zu einer beabsichtigten Verdachtskündigung umfasst. Wenn Sie Ihre Kündigung auch auf den Verdacht stützen wollen – und sei es nur hilfsweise – so ist das nur möglich, wenn Sie den Betriebsrat vorher zu der Verdachtskündigung ausdrücklich angehört haben.

Vergessen Sie bei der Anhörung zur Verdachtskündigung folgende Aspekte bei der Information des Betriebsrates nicht:

  • schildern Sie genau, auf welche Tatsachen sich Ihr Verdacht stützt
  • erläutern Sie, warum sich der Verdacht ausdrücklich gegen den zu kündigenden Mitarbeiter richtet
  • teilen Sie dem Betriebsrat mit, wie die Anhörung des Mitarbeiters erfolgte und wie dieser sich gegenüber den Vorwürfen positioniert hat.