Hat ein Mitarbeiter Anspruch auf Sonderurlaub?

Ja, er hat ihn unter bestimmten Voraussetzungen. Familienereignisse wie Eheschließung des eigenen Kindes oder Tod eines im Haushalt lebenden Angehörigen sind zum Beispiel klassische Gründe für Sonderurlaub. Ein Arztbesuch muß hingegen für Sie nicht immer ein Anlaß sein, - bezahlten - Sonderurlaub zu gewähren.

Gemäß § 616 BGB müssen Sie Ihrem Mitarbeiter Sonderurlaub gewähren – ihn also unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freistellen – , wenn er

  • für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit
  • durch einen in seiner Person liegenden Grund
  • ohne sein Verschulden
  • seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann.

Anwendungsfälle hierfür sind neben Familienereignissen auch die folgenden Fälle, die immer wieder zu Auseinandersetzungen führen.

Arztbesuch
Ein Arztbesuch ist während der Arbeitszeit normalerweise nur dann notwendig, wenn bei dem Mitarbeiter eine akute Erkrankung auftritt, die eine sofortige Behandlung erforderlich macht. In allen anderen Fällen ist Ihr Mitarbeiter verpflichtet, seine Arzttermine nach Möglichkeit auf die arbeitsfreie Zeit zu legen – bzw. bei einer Gleitzeitregelung außerhalb der Kernarbeitszeit.

Behördengänge und Gerichtstermine
Für Behördengänge müssen Sie Ihre Arbeitnehmer in der Regel nicht freistellen. Ist hingegen das Erscheinen eines Ihrer Mitarbeiter vor Gericht im öffentlichen Interesse angeordnet worden, z.B. als Zeuge oder auch als Schöffe, müssen Sie ihn bezahlt freistellen.

Lassen Sie sich auch hier unbedingt die Ladung des Gerichts zeigen. Sagt Ihr Mitarbeiter als Zeuge aus, erhält er den Verdienstausfall meist über eine finanzielle Entschädigung durch das Gericht ersetzt. Sie sind dann natürlich nicht verpflichtet, auch noch den Arbeitslohn zu zahlen.

Erkrankung naher Familienangehöriger
Erkranken nahe Familienangehörige eines Ihrer Mitarbeiter plötzlich, kann dieser in der Regel für maximal 5 Arbeitstage Freistellung verlangen. Es muss jedoch eine Bescheinigung des Arztes vorliegen, aus der sich ergibt, dass die Pflege des Angehörigen unerlässlich ist.

Hier gibt es noch eine Besonderheit: Werden Kinder des Arbeitnehmers krank, die unter 12 Jahre alt sind, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Freistellung für jedes Kind in jedem Kalenderjahr für 10 Arbeitstage. Alleinerziehende Arbeitnehmer können dafür 20 Arbeitstage beanspruchen. Hat ein Arbeitnehmer mehrere Kinder, müssen Sie ihn maximal 25 Arbeitstage, bei Alleinerziehenden 50 Arbeitstage, freistellen.

Tipp: In den vorgenannten Fällen können Sie sich in aller Regel nicht gegen die Freistellung Ihres Arbeitnehmers wenden – die dadurch bedingten betrieblichen Beeinträchtigungen müssen Sie tragen. Sie können jedoch durch entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag die Fortzahlung des Lohns bei der Gewährung von Sonderurlaub vollständig ausschließen, wenn im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung nichts abweichendes geregelt ist.