Haftung eines Geschäftsführers: Was sollten Sie darüber wissen?

Eine Entscheidung des Finanzgerichtes München (Az: 6 K 1462/07) zeigt leider mal wieder, dass die Streitfragen rund um die Haftung für Steuerschulden in der heutigen Zeit immer wichtiger werden. Dabei kommt es immer mehr auf Detailfragen an, die der Geschäftsführer in diesem Maße häufig nicht erkennt. Das hier zitierte Verfahren zeigt, worauf es ankommen kann.

Grundsätzliche Einordnung:

Über § 69 Satz 1 i. V. m. §§ 34, 35 der Abgabenordnung (AO) wird klargestellt, dass Geschäftsführer einer GmbH "haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden."

Auf die Tatbestandsmerkmale herunter gebrochen muss für die Haftungsinanspruchnahme zum einen also ein Steuerschaden jeglicher Art entstanden sein und zum anderen dem Geschäftsführer ein Verschulden nachgewiesen werden.

Im zitierten Urteilssachverhalt lag der Steuerschaden auf der Hand. Gegen Bescheide aufgrund einer Betriebsprüfung wurde Einspruch eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung gewährt. Nachdem die Einsprüche erfolglos blieben, konnte die GmbH die bis dato in Frage stehenden Steuern samt steuerlichen Nebenleistungen nicht bezahlen. Eine Klage gegen die negative Einspruchsentscheidung wurde jedoch nicht eingelegt. Nur kurze Zeit nach der negativen Einspruchsentscheidung (und damit der Fälligkeit der Steuern) wurde ein Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt.

Haftungsverfahren

Im Haftungsverfahren wendete sich das Finanzamt nun an den seinerzeitigen Geschäftsführer und forderte die Steuern ein. Dieser machte schließlich im Haftungsverfahren geltend, dass die Steuern gegenüber der GmbH unrichtig (zu hoch) festgesetzt wurden. Damit sollte offensichtlich die Höhe des Steuerschadens und damit die Höhe der möglichen Inanspruchnahme begrenzt werden. Das Argument geht jedoch ins Leere.

Denn nach § 166 AO kann ein Geschäftsführer im Haftungsverfahren nicht mehr vorbringen, dass die Steuer gegenüber der GmbH fehlerhaft festgesetzt ist, wenn er selber die rechtliche Möglichkeit hatte, gegen die falsch festgesetzte Steuer vorzugehen. Im abgeurteilten Sachverhalt hätte der Geschäftsführer daher Klage gegen die Einspruchsentscheidung einreichen müssen. Merke: Wer als Geschäftsführer hätte handeln können, kann Fehler im Haftungsverfahren nicht mehr vorbringen!

Besonders schwerwiegend dabei: Nach Meinung der Richter ist es unerheblich, ob die Gesellschafter der GmbH die für die Klage erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt haben. Ausweislich der Entscheidung kommt es nur darauf an, dass der Geschäftsführer die rechtliche Möglichkeit zum Rechtsbehelf innehatte, welche aufgrund der Vertreterstellung definitiv gegeben war.

Merke: Auch wenn die Gesellschaft nicht die Möglichkeiten (beispielsweise aus finanzieller Sicht) hat, um Klage einzulegen, muss der Geschäftsführer handeln und (ggf. auf eigene Kosten) klagen. Anders ausgedrückt: Der Geschäftsführer hat hier definitiv den Schwarzen Peter auf der Hand und im Sachverhalt war das Tatbestandsmerkmal des Steuerschadens nicht zu leugnen.

Lag eine Pflichtverletzung vor?

Fraglich ist daher im zweiten Schritt, ob eine vorsätzliche oder nur grob fahrlässige Pflichtverletzung des Geschäftsführers zum Ausfall der Steuern geführt hat. Nur bei kumulativem Vorhandensein von Steuerausfall und Pflichtverletzung wird schließlich eine Haftung des Geschäftsführers ausgelöst.

Im abgeurteilten Sachverhalt entschied der erkennende Senat, dass eine Pflichtverletzung darin liegen kann, "dass der Geschäftsführer einer GmbH vorhandene Vermögenswerte nicht sichert und gegebenenfalls nicht realisiert, insbesondere wenn deren Werthaltigkeit durch einen eingestellten Geschäftsbetrieb nachhaltig zu verfallen droht."

Dies hört sich zunächst logisch an. Im Urteilssachverhalt hätte dies aber bedeutet, dass der Geschäftsführer verpflichtet gewesen wäre, die Kundenkartei zu verwerten. Aufgrund der individuellen Gegebenheiten des Einzelfalles ist zwar zu erwähnen, dass hier der Geschäftsbetrieb eingestellt war, obwohl eine nachweislich werthaltige Kundenkartei vorgelegen hatte. Dennoch zeigt das Urteil, dass im Einzelfall genau zu prüfen ist, ob noch vorhandene Vermögenswerte gegeben sind, die schlichtweg nicht gesehen werden und schlussendlich durch Untätigkeit an Wert verlieren.

Nach Feststellung des Gerichtes handelte dementsprechend der Kläger sogar grob fahrlässig, weil er es unterließ, die Kundenkartei zu veräußern und dadurch vorsorglich Mittel zur Bezahlung der Steuern für den Fall zurückzulegen, dass der Einspruch (wie schlussendlich tatsächlich geschehen) ganz oder teilweise erfolglos bleibt. Merke: Der Geschäftsführer muss prüfen, welches Tafelsilber noch verkauft werden kann und welche Steuerschulden zukünftig noch vor der Tür stehen könnten.