Haben Sie bei Krankheit immer Anspruch auf Entgeltfortzahlung?

Kennen Sie Ihre Rechte als Arbeitnehmer im Krankheitsfall? Wer wird durch das Entgeltfortzahlungsgesetz geschützt? Kann der Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch Vereinbarungen im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden? Antworten auf diese Fragen finden Sie im folgenden Artikel.

Die Krankheit eines Beschäftigten hat im Arbeitsverhältnis in mehrfacher Hinsicht Bedeutung. Soweit die Krankheit zur Arbeitsunfähigkeit führt, hat der erkrankte Beschäftigte Anspruch auf Entgeltfortzahlung (EZFG) im Krankheitsfall nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Hier hat § 3 EZFG den Anspruch auf Entgeldfortzahlung im Krankheitsfall festgeschrieben.

Danach muss der Arbeitgeber eine Zahlung des Entgelds leisten, wenn der Erkrankte an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne dass ihn ein geiegen Verschulden vorliegt, so hat der Betroffene Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von sechs Wochen. Das Gesetz beschreibt den Grundsatz ohne Verschulden. Dem Arbeitnehmer steht hier das Entgeldfortzahlungsgesetz zur Seite.

Außerdem können Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und natürlich auch der Arbeitsvertrag Rechte enthalten, auf die sich der erkrankte Arbeitnehmer im Krankheitsfall berufen kann. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit kann durch Vereinbarungen im Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen werden, d.h. der Anspruch ist zwingend vorranig und zur Anwendung zu bringen, weil das EZFG für Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) gilt.

Außerdem schützt es die in der Heimarbeit Beschäftigten durch eine spezielle Regelung (§ 10 und § 11 EFZG ). Die Rechtsprechung hat aber zum EZFG einige Kriterien entwickelt, die es dem Arbeitgeber ermöglichen, bei häufigen oder längerfristigen Arbeitsunfähigkeitszeiten nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien im Einzelfall eine Kündigung auszusprechen. Das KSchG (Kündigungsschutzgesetz) kennt die Kündigung wegen Krankheit als einen der Hauptanwendungsfälle der personenbedingten Kündigung.

Krankheit schützt vor Kündigung nicht

Kurzzeitig aufgeflackerte Diskussionen über die generelle Zulässigkeit krankheitsbedingter Kündigungen sind inzwischen hinfällig, da die Rechtsprechnung in verschiedenen Urteilen einen Tenor trägt, der da lautet: "Krankheit schützt vor Kündigung nicht." So hat der EuGH (Europäische Gerichtshof)die Kündigung wegen Krankheit für zulässig gehalten.

Nach der Rechtsprechung und nicht nach der Darstellung der Arbeitgeber sind Arbeitnehmer arbeitsunfähig, wenn sie aufgrund einer Erkrankung nicht ihre volle vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung erbringen können (BAG 13.6.06 –9AZR229/05 NZA,91). Man unterscheidet drei Grundtypen der Kündigung wegen Krankheit:

  1. Die Kündigung wegen lang andauernder Krankheit
  2. Die Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen
  3. Die Kündigung wegen krankheitsbedingter Leistungsminderung

Hier erfolgt die richterliche Prüfung krankheitsbedingter Kündigungen in drei Stufen:

  • Erste Stufe: Eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes
  • Zweite Stufe: Die bisherigen und nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers müssen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen; sie können durch Störungen im Betriebsablauf oder wirtschaftliche Belastungen hervorgerufen werden
  • Dritte Stufe: Bei der Interessenabwägung ist dann zu prüfen, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. Die Krankheit eines Arbeitnehmers kann Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben.

Arbeitgeber muss Arbeitsplatz einrichten, ohne Gesundheit des Arbeitnehmers zu schädigen

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsplatz so einzurichten, dass die Gesundheit des Arbeitnehmers nicht geschädigt wird.

Der Arbeitgber hat die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Entgeltfortzahlung zu verweigern, solange die vom Arbeitnehmer erforderliche ärztliche Bescheinigung nicht vorliegt (§ 7 Abs.1 EFZG).

Dieses Recht zur Leistungsverweigerung hat der Arbeitgeber allerdings nur vorübergehend für die Zeit des Fehlens der Bescheinigung, d.h. dieses Recht führt nicht zum endgültigen Wegfall Ihres Anspruchs. Wenn Sie an der verspäteten Vorlage kein Verschulden trifft oder wenn Sie die Krankheit später nachweisen, muss der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung nachträglich bezahlen.

Dauert die Erkrankung länger als sechs Wochen, endet der gesetzliche Entgeltfortzahlungsanspruch (§ 3 EFZG). Für den Zeitraum danach kann der Arbeitnehmer seinen sozialversicherungsrechtlichen Anspruch auf Krankengeld  gem § 44 SGB V gegen die Krankenkasse realisieren. Der Anspruch auf Krankengeld besteht, wenn die Krankheit den Beschäftigten arbeitsunfähig macht oder er auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden muss. 

Kommt der Arbeitgeber seiner Entgeltfortzahlungsverpflichtung nicht nach, muss die Krankenkasse Krankengeld auch für die ersten Tage und Wochen der Erkrankung erbringen. In Höhe der erbrachten Krankengeldleistung geht der Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers kraft gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115Abs 1 SGB X auf die Krankenkasse über.

In Höhe der erbrachten Krankengeldleistung geht der Entgeltfortzahlungsanspruch des Beschäftigten kraft gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Abs 1 SGB X auf die Krankenkasse über. Die Krankenkasse wird damit Inhaberin der Entgeltfortzahlungsansprüche und kann diese aus eigenem Recht gegen den Arbeitgber geltend machen und notfalls arbeitsgerichtlich durchsetzen.