Gesprächsführung: Welcher Kommunikationstyp sind Sie?

Die Art und Weise, wie wir kommunizieren, ist laut dem Kommunikationspsychologen Friedemann Schulz von Thun in bestimmten seelischen Axiomen begründet. Dies sind Grundüberzeugungen, die wir verinnerlicht haben und Teil unserer Persönlichkeitsstruktur geworden sind. Welcher Kommunikationstyp sind Sie? Oder anders gefragt: Welchen Kommunikationsstil nutzen Sie häufig?

Friedemann Schulz von Thun hat ein Vier-Seiten-Modell (auch Vier-Ohren-Modell) von Nachrichten entwickelt. Danach besitzt jede Aussage neben ihrem Sachinhalt immer auch einen Selbstoffenbarungs-, Beziehungs- und Appellaspekt. Ausgehend davon hat Schulz von Thun acht Kommunikationsstile entwickelt. Ein psychisch gesunder Mensch bedient sich je nach Situation wechselnder Kommunikationsstile. Erst wenn ein Stil deutlich überwiegt, kann dies auf ein problematisches seelisches Axiom deuten. Schauen Sie selbst.

1. Der bedürftig-abhängige Stil

Typischer Satz: „Diese Aufgabe ist aber schwer.“

Sachinhalt: Eine schwere Aufgabe.
Selbstoffenbarung: Ich schaffe es nicht alleine mit meinen schwachen Kräften.
Beziehung: Du bist stark und könntest helfen.
Appell: Bitte unterstütze und beschütze mich.
Seelisches Axiom: Ich bin schwach und hilflos. Allein bin ich dem Leben nicht gewachsen.

2. Der helfende Stil

Typischer Satz: „So schwer ist das wirklich nicht.“

Sachinhalt: Keine schwere Aufgabe.
Selbstoffenbarung: Ich bin stark und belastbar und brauche niemanden.
Beziehung: Du Armer bist wirklich zu bedauern und brauchst Hilfe.
Appell: Sag, wo der Schuh drückt.
Seelisches Axiom: Für mich ist es eine Katastrophe, schwach (ratlos, traurig, verzweifelt) und bedürftig zu sein!

3. Der selbstlose Stil

Typischer Satz: „Bitte lass mich dir bei dieser schweren Aufgabe helfen.“

Sachinhalt: Ich bitte darum, dir bei der Aufgabe helfen zu dürfen.
Selbstoffenbarung: Ich bin nichts.
Beziehung: Maßgeblich bist allein du.
Appell: Sag, wie du mich haben willst.
Seelisches Axiom: Ich bin unwichtig – nur im Einsatz für dich und andere kann ich zu etwas nütze sein!

4. Der aggressiv-entwertende Stil

Typischer Satz: „Das ist doch kinderleicht. Das schaffen sogar Idioten.“

Sachinhalt: Die Aufgabe ist selbst für dich Idioten sehr leicht.
Selbstoffenbarung: Ich bin oben auf, mir kann keiner was.
Beziehung: Du bist schuld, erbärmlich, dumm usw.
Appell: Gib klein bei. Bekenne dich schuldig.
Seelisches Axiom: Ich bin nicht in Ordnung, mache erbärmlich alles falsch. Wehe, jemand merkt es! Dann werde ich untergebuttert und gnadenlos verachtet!

5. Der sich beweisende Stil

Typischer Satz: „Das schaffe ich spielend.“

Sachinhalt: Die Aufgabe ist sehr leicht für mich.
Selbstoffenbarung: Ich bin ohne Fehl und Tadel.
Beziehung: Du beurteilst mich oder konkurrierst mit mir.
Appell: Erkenne mich an.
Seelisches Axiom: Ich selbst bin nicht (liebens)wert – nur in dem Maße, wie ich „gut“ bin, verdiene ich Liebe und Anerkennung.

6. Der bestimmende-kontrollierende Stil

Typischer Satz: „Diese Aufgabe wird folgendermaßen erledigt:“

Sachinhalt: Die Aufgabe wird so und so erledigt.
Selbstoffenbarung: Ich weiß, was richtig ist.
Beziehung: Maßgeblich bist du. Tätig musst du werden.
Appell: Das macht man so und so. Das gehört sich nicht.
Seelisches Axiom: Ich bin voll von chaotischen, sündhaften, unvernünftigen Impulsen – nur wenn ich mich an strenge Regeln halte, kann ich mich in der Gewalt haben.

7. Der sich distanzierende Stil

Typischer Satz: „Man kann diese Aufgabe wie folgt analysieren:“

Sachinhalt: Die Aufgabe besteht aus… .
Selbstoffenbarung: Was in mir vorgeht, tut nichts zur Sache.
Beziehung: Du bist viel zu emotional oder anhänglich.
Appell: Komme mir nicht zu nahe.
Seelisches Axiom: Wenn ich mich öffne und jemand ganz an mich heranlasse, begebe ich mich in große Gefahr: Ich könnte in Abhängigkeit geraten.

8. Der mitteilungsfreudige-dramatisierende Stil

Typischer Satz: „Großer Gott. Ja, so eine Aufgabe hatte ich auch schon. Kürzlich da…“

Sachinhalt: Eine solche Aufgabe kenne ich.
Selbstoffenbarung: Hört, hört, so bin ich.
Beziehung: Du bist mir willkommen als (austauschbares) Publikum.
Appell: Wende dich mir zu und bestätige meine Selbstdarstellung.
Seelisches Axiom: Ich bin unwichtig. Wie mir wirklich zumute ist, interessiert niemanden. Nur wenn ich mich in den Vordergrund spiele, werde ich beachtet.

Literaturangabe: Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Differenzielle Psychologie der Kommunikation, Reinbek bei Hamburg (Rowohlt) 2011, 1. Aufl. 1981.

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