Fristlose Kündigung & Diebstahl: Abmahnung erforderlich?

Alleine das Vorliegen einer Straftat am Arbeitsplatz berechtigt Sie nicht immer, die fristlose Kündigung auszusprechen. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat entschieden, dass, wenn ein Diebstahl durch einen langjährig beschäftigten Mitarbeiter geringwertig ist, vorab eine Abmahnung erforderlich sein kann (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.09.2010, 3 Sa 233/10).

Fristlose Kündigung & Diebstahl: Der aktuelle Fall
Ein tariflich unkündbarer Mitarbeiter war seit 1991 als Pflegekraft in einer Fachklinik beschäftigt. Der Arbeitgeber warf ihm vor, dass er sowohl von einer Pizza eine Ecke abgerissen hatte als auch einen Rest Gulasch gegessen hatte, die beide Patienten zugestanden hätten. Der Mitarbeiter erhielt daraufhin die fristlose Kündigung.

Einspruch gegen fristlose Kündigung wegen Diebstahls
Gegen diese fristlose Kündigung erhob der Mitarbeiter Kündigungsschutzklage. Er gewann sowohl vor dem Arbeitsgericht Lübeck als auch vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die strafrechtliche Beurteilung weniger entscheidend sei. Eine fristlose Kündigung diene weniger der Sanktion eines Vertragsverstoßes. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, zukünftige Verstöße zu vermeiden.

Angesichts der geringen Wertigkeiten des Verstoßes bzw. der verzehrten Lebensmittel hielten die Richter eine Abmahnung für erforderlich. Nur ganz ausnahmsweise könne auf diese verzichtet werden. Dies etwa dann, wenn eine Verhaltensänderung trotz Abmahnung nicht zu erwarten sei oder es sich um eine schwere Pflichtverletzung handele, deren Hinnahme durch den Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen sei.

Die Richter bezogen in ihre Entscheidung auch ein, dass das bisherige Arbeitsverhältnis beanstandungsfrei gelaufen war. Auch der geringwertige Wert spielte eine Rolle.

Das bedeutet für Sie: Diese Entscheidung steht in einer ganzen Reihe von Entscheidungen über fristlose Kündigungen wegen geringwertiger Diebstähle. Pauschal kann man sagen, dass bei langen ungestörten Arbeitsverhältnissen und geringwertigen Delikten viel dafür spricht, vor einer Kündigung zunächst eine Abmahnung aussprechen zu müssen. Erst wenn es dann zu einer Wiederholung kommt, ist die Kündigung möglich.