Fristlose Kündigung bei Betrug nach 25 Jahren Betriebszugehörigkeit?

Manchmal muss man sich wirklich wundern: in diesem Fall über einen Arbeitnehmer, der seit 25 Jahren in einem Betrieb beschäftigt war. Nach einer Entscheidung des Hessischen LAG muss der Arbeitgeber es nicht hinnehmen, dass dieser wiederholt die Zeiterfassung wissentlich falsch bedient hat. Die wegen dieses Arbeitszeitbetruges ausgesprochene fristlose Kündigung wurde vom LAG bestätigt.

Fristlos gekündigt worden war ein 46 Jahre alter Mitarbeiter, der seit mehr als 25 Jahren im Unternehmen beschäftigt war. Er war Vater eines Kindes.

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Arbeitszeitbetrug rechtfertigt fristlose Kündigung, auch bei langer Betriebszugehörigkeit

In dem Unternehmen existierte eine Arbeitszeiterfassung. Wenn Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz wegen privater Arbeitsunterbrechungen verlassen, müssen sie die Zeiterfassung über einen Chip bedienen. Genauso müssen sie sich wieder anmelden, wenn sie die Arbeit wieder aufnehmen. Der gekündigte Mitarbeiter hielt es nun offensichtlich nicht für nötig, sich an diese Vorgaben zu halten. Er wurde dabei beobachtet, wie er den Chip für die Arbeitszeitmessung gar nicht erst aus der Geldbörse nahm. Zudem schirmte er ihn mit der Hand ab, sodass die Zeiterfassung das Verlassen des Arbeitsplatzes nicht registrieren konnte.

Es kann sich dabei eindeutig auch nicht um ein bloßes Versehen gehandelt haben, da die Zeiterfassungsanlage so programmiert war, dass es bei der An- bzw. Abmeldung jeweils ein akustisches Signal gibt. Wenn es sich um ein Versehen gehandelt hätte, hätte der Arbeitnehmer aufgrund des ausbleibenden Signals feststellen müssen, dass die Zeiterfassung offensichtlich nicht funktioniert hat. Er hätte dann Gelegenheit gehabt, die Zeiterfassung erneut auszulösen.

Als der Arbeitgeber auf diese Beobachtung aufmerksam gemacht wurde, kontrollierte er die Daten der Zeiterfassung aus den letzten 1,5 Monaten. Es ergab sich dabei, dass der Mitarbeiter auf diese Weise mehr als 3,5 Stunden Pause gemacht hatte, ohne dies in der Zeiterfassung registrieren zu lassen. Daraufhin kündigte er den Mitarbeiter fristlos.

Der Entscheidung der Gerichte

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht wiesen die vom Mitarbeiter erhobene Kündigungsschutzklage zurück. Fazit: Jobverlust wegen des Gegenwertes von 3,5 Arbeitsstunden.

Beide Gerichte stellten darauf ab, dass der durch den Arbeitszeitbetrug eingetretene Vertrauensverlust schwerer wiege als die lange Dauer der Betriebszugehörigkeit. Aufgrund des vorsätzlichen Betruges sei der Arbeitgeber auch nicht verpflichtet gewesen, zunächst mit einer Abmahnung zu rechnen.

Das ist nachzuvollziehen. Denn die Abmahnung enthält auch eine Warnfunktion. Sie soll Mitarbeiter darauf hinweisen, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten nicht duldet. Ein solcher Hinweis ist aber entbehrlich, wenn es sich um einen vorsätzlichen Betrug zum Nachteil des Arbeitgebers handelt. Denn jeder verständige Mitarbeiter wird auch ohne Abmahnung auf den Gedanken kommen, dass der Arbeitgeber nicht damit einverstanden ist, betrogen zu werden.

Tipp für Arbeitgeber

Die Entscheidung des Hessischen LAG vom 17.02.2014, Az.: 16 Sa 1299/13, zeigt wieder einmal, dass Arbeitsgerichte zumindest bei vorsätzlichen Straftaten gegen Arbeitgeber durchaus Verständnis für den Arbeitgeber haben. Sie müssen sich schlicht nicht alles gefallen lassen. Auf der anderen Seite sollten Sie durch gute Vorbereitungen dafür sorgen, dass Mitarbeiter nicht mit der Ausrede kommen können, sie hätten nicht gewusst, dass oder wie sie die Zeiterfassung zu bedienen haben.

Sorgen Sie durch klare Betriebsanweisungen dafür, dass diese Ausrede nicht greift. Informieren Sie die Mitarbeiter detailliert und vor allem nachweisbar darüber, dass, wann und wie die Arbeitszeiterfassung zu bedienen ist. Am besten machen Sie dies schriftlich.