Falsche Arbeitszeiterfassung – Wann eine Abmahnung erforderlich ist

Erfassen bei Ihnen Ihre Mitarbeiter die Arbeitszeit auch selbst? Dann werden Sie Verständnis für Arbeitgeber haben, die bei falsch erfassten Arbeitszeiten schnell zur Kündigung greifen. Aber ganz so einfach geht das nun auch wieder nicht. Es gibt Fälle, in denen eine falsche Arbeitszeiterfassung nicht zur Kündigung berechtigt, sondern nur eine Abmahnung erlaubt.

Mit einem solchen Fall hatte sich das LAG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 11.11.2011, Az.: 9 Sa 452/11, zu beschäftigen. Es ging um die Kündigungsschutzklage eines Projektleiters, der Arbeitszeiten auf einer Baustelle und Reisezeiten nicht korrekt erfasst hatte.

Er hatte diese zu seinen Gunsten aufpoliert und insgesamt ca. 6 Stunden zu seinen Gunsten aufgeschrieben. Nach erfolgter Betriebsratsanhörung und Anhörung des Arbeitnehmers kündigte der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise fristgemäß wegen des Verdachts des versuchten Arbeitszeitbetruges. Eine vorherige Abmahnung wegen eines vergleichbaren Verhaltens hatte der Arbeitnehmer nicht erhalten.

Das Arbeitsgericht hat in der 1. Instanz entschieden, dass sowohl die außerordentliche Verdachtskündigung, als auch die hilfsweise ordentliche Verdachtskündigung mangels Vorliegens einer Abmahnung unwirksam sind. Im Ergebnis hat das LAG das bestätigt.

Falsche Arbeitszeiterfassung = Pflichtverstoß

Zunächst haben die Richter festgestellt, dass falsche Arbeitszeiterfassungen selbstverständlich ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten sind, wenn der Arbeitgeber berechtigt eine entsprechende Anweisung zur Arbeitszeiterfassung gegeben hat. Das war hier der Fall. Die Richter sahen aber eben nur diesen Pflichtverstoß, auf den mit einer Abmahnung hätte reagiert werden müssen. Den darüber hinaus gehenden (versuchten) Arbeitszeitbetrug nahmen die Richter wegen der Umstände des Einzelfalls dagegen nicht an.

Es kommt auf die Einzelheiten der Arbeitszeiterfassung an

Den Arbeitnehmer rettete hier eine Regelung in seinem Arbeitsvertrag, die es in dem konkreten Fall unmöglich machte, dass ein Schaden bei dem Arbeitgeber entsteht. Laut Arbeitsvertrag waren mit seinem Gehalt die Überstunden abgegolten. Mehrarbeit wurde auf einem Arbeitszeitkonto erfasst, am Ende eines jeden Monats aber aus dem Arbeitszeitkonto ausgebucht.

Der Arbeitnehmer hatte ein Arbeitszeitguthaben von 20,5 Plusstunden auf seinem Arbeitszeitkonto. Daher war wegen der im fraglichen Monat wie in den Vormonaten auch angefallenen Plusstunden ein unberechtigter Freizeitausgleich nicht möglich. Tatsächlich wurde ein solcher Freizeitausgleich vom Arbeitnehmer auch nicht realisiert.

Weil in dem fraglichen Monat und den Vormonaten erhebliche Mehrarbeitsstunden angefallen sind, ist auch nicht plausibel, dass der Arbeitnehmer bei Ausfüllung der Arbeitszeitnachweise davon hätte ausgehen können, dass er – unberechtigt – die unzutreffend aufgezeichneten Stunden durch einen ihm nicht zustehenden Freizeitausgleich hätte ausgleichen können.

Im Ergebnis sahen die Richter als Vorwurf nur noch das falsche Ausfüllen des Arbeitszeitnachweises. Hierfür hätte eine Abmahnung ausgereicht.

Das bedeutet für Sie bei der Arbeitszeiterfassung

Das richtige Ausfüllen der Arbeitszeitnachweise gehört zu den Pflichten des Arbeitnehmers. Verstöße dagegen können Sie zunächst mit einer Abmahnung, erst im Wiederholungsfall mit einer Kündigung, sanktionieren. Das gilt jedenfalls solange, wie der Fehler etwa wegen der Regeln zum Arbeitszeitkonto nicht zu einem Schaden bei der Abrechnung führt. Nur in letzteren Fällen kann eine Kündigung ohne Abmahnung wegen fehlerhafter Arbeitszeiterfassung in Frage kommen.

Wenn Sie auf Fehler bei der Arbeitszeiterfassung aufmerksam werden, kündigen Sie nicht sofort. Lassen Sie sich rechtlich beraten, denn es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Sie haben nach Bekanntwerden der Umstände 2 Wochen Zeit, um fristlos zu kündigen, § 626 BGB. Machen Sie nicht den unter Umständen teuren Fehler und handeln zu schnell.