Frage und weitere Diskussion zur Sache wurden nicht zugelassen
Im entschiedenen Fall wurden die Wohnungseigentümer zu einer am 06.09.2017 stattfindenden außerordentlichen Eigentümerversammlung geladen. Es wurde zugleich darauf hingewiesen, dass die Versammlung am 08.09.2017 fortgesetzt werde, sofern die Versammlung am 06.09.2017 nicht bis 22:00 Uhr beendet sein sollte. Tatsächlich wurde die Eigentümerversammlung am 06.09.2016 gegen 21:40 Uhr auf den 08.09.2016 vertagt.
Bevor es in der Versammlung vom 08.09.2016 zu einer Abstimmung kam, wollte der klagende Eigentümer eine Frage stellen. Dies wurde ihm nicht ermöglicht. Auch sein Beschlussantrag, eine erneute Grundsatzdiskussion zu führen, wurde abgelehnt und es erfolgte die Beschlussfassung. Der Eigentümer erhob Klage gegen die gefassten Beschlüsse – unter anderem mit der Begründung, ihm sei in der Eigentümerversammlung vom 08.09.2016 sein Rederecht unrechtmäßig entzogen worden.
Weniger einschneidende Maßnahmen wären möglich gewesen
Das Gericht gab den Eigentümer Recht. In dem völligen Abschneiden des Rederechtes lag ein formeller Beschlussmangel, der sich auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat. Zwar ist die Redezeit der Eigentümer mit Blick auf die ordnungsgemäße Durchführung der Eigentümerversammlung beschränkbar.
Da es sich aber bei dem Rederecht in der Versammlung um ein elementares Recht des einzelnen Wohnungseigentümers handelt, ist dessen Beschränkung nur mit einem sachlichen Grund möglich – beispielsweise die effiziente Durchführung der Versammlung. Außerdem muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Rederechtbeschränkung beachtet werden, was bedeutet: Die Beschränkung muss so schonend als möglich erfolgen.
Im Urteilsfall bestand die Besonderheit, dass die Versammlung an zwei Terminen stattfand. Im ersten Termin wurden anstehende Sanierungsmaßnahmen erörtert und die Eigentümer hatten Gelegenheit, Fragen zu stellen sowie Stellung zu nehmen. In der zweiten Versammlung wurden nur die Beschlüsse gefasst. Dennoch war es nach Auffassung des Gerichts nicht zulässig, das Fragerecht des Eigentümers im zweiten Versammlungstermin vollständig auszuschließen. Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hätte man eine weniger einschneidende Maßnahme wählen müssen. Beispielsweise hätte an die Beantwortung der Frage des Eigentümers die Bedingung gestellt werden können, dass diese nicht an bereits besprochene Aspekte anknüpft.
Das Gleiche gilt für den Beschlussantrag, eine erneute Grundsatzdiskussion abzuhalten. Hier hätte dem Eigentümer die zumindest die zeitlich begrenzte Möglichkeit zur abschließenden Stellungnahme eingeräumt werden können. Außerdem wäre es vor einem Ausschluss weiterer Wortmeldungen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit erforderlich gewesen, hierauf vorher hinzuweisen und den Eigentümern, die sich noch zu Wort melden wollten, zumindest eine begrenzte Redezeit einzuräumen.
Fazit: Die Begrenzung Ihres Rederechts auf der Eigentümerversammlung ist aus sachlichen Gründen, wie etwa zur effizienten Durchführung der Versammlung möglich und erforderlich. Hierbei ist aber stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Stehen weniger einschneidende Maßnahmen zur Verfügung darf das Rederecht nicht entzogen werden.
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