Dürfen Sie wegen privater Aufträge während der Arbeitszeit kündigen?

Dürfen Sie fristlos kündigen, wenn ein Mitarbeiter während der Arbeitszeit private Aufträge bei jemand anderem annimmt? Und hat es Auswirkungen, ob er das Geld für sich selbst oder für die Kaffeekasse einnimmt? Auf den ersten Blick würde man die erste Frage mit "Ja", die zweite mit "Nein" beantworten. Ganz so einfach ist es aber nicht, wie zwei Urteile des Arbeitsgerichts Mönchengladbach zeigen.

Zwei langjährig beschäftigte städtische Mitarbeiter hatten im Frühjahr 2009 während ihrer Arbeitszeit privat Aufträge angenommen und Bäume herabgesetzt. Ein Grundstückseigentümer hat dafür 300 € bezahlt. Aufgefallen ist das Ganze, als sich die Auftraggeber im November 2011 bei der Stadt beschwerten. Die Aufträge sind nämlich nur teilweise ausgeführt worden.

Zunächst hatte man mit den Arbeiten begonnen. Dabei hatte der Vorarbeiter seine Visitenkarte und eine Telefonnummer hinterlassen. Die Arbeiten sollten später beendet werden. Dazu ist es jedoch nie gekommen. Die Stadt kündigte die Arbeitsverhältnisse der beiden Mitarbeiter im Dezember 2011 fristlos. Beide klagten gegen die Kündigungen. Und zwar mit Erfolg!

Dabei bestritten die beiden Mitarbeiter noch nicht einmal, während der Arbeitszeit ohne dienstlichen Auftrag die Arbeiten ausgeführt zu haben. Allerdings hätten sie dafür kein Geld gefordert, dieses sei ihnen lediglich aus Dankbarkeit gegeben worden. Auch hätte man das Geld nicht für sich behalten, sondern in die Kaffeekasse gelegt.

Wieso hat das Arbeitsgericht die Kündigungen nicht bestätigt?

Bei den beiden Mitarbeitern wurde die Kündigung mit unterschiedlichen Argumenten aufgehoben. Besonders beschäftigt hat sich das Arbeitsgericht aber in beiden Fällen mit der Interessenabwägung. Bei jeder fristlosen Kündigung müssen Sie als Arbeitgeber genau zwischen Ihrem Interesse an der sofortigen Beendigung des gestörten Arbeitsverhältnisses und dem Interesse des Mitarbeiters abwägen.

Dabei spielt unter anderem die störungsfreie Betriebszugehörigkeit eine erhebliche Rolle. Mit anderen Worten: Besteht das Arbeitsverhältnis lange und es hat noch nie Probleme gegeben, so spricht das zu Gunsten des Arbeitnehmers.

Das Arbeitsgericht differenzierte: Bei dem Vorarbeiter fiel die Interessenabwägung zu Gunsten des Arbeitgebers aus. Dabei war zwar für den Vorarbeiter die lange Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Gegen ihn sprach jedoch, dass er maßgeblich die Verhandlungen mit den Auftraggebern geführt hat. Allerdings war die Kündigung unwirksam, weil sie nicht schnell genug ausgesprochen war.

Nach § 626 BGB muss eine fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden, nachdem Sie als Arbeitgeber von den der Kündigung zu Grunde liegenden Tatsachen erfahren haben. In dem Fall des Vorarbeiters hatte der Arbeitgeber schlicht zu lange gewartet. Die gesetzliche Kündigungsfrist war verstrichen.

Anders war die Begründung hinsichtlich des weiteren Mitarbeiters. Hier fiel schon die Interessenabwägung zu Gunsten des Mitarbeiters aus. Auch hier spielte die lange Betriebszugehörigkeit eine Rolle. Dazu kam aber, dass er im Ergebnis nur auf Anweisung des Vorarbeiters gearbeitet hatte. Ein persönlicher Schuldvorwurf konnte ihm also nur sehr eingeschränkt gemacht werden (ArbG Mönchengladbach, Urteile vom 23.02.2012, Az.: 3 Ca 3495/11; 3 Ca 3566/11).

Das bedeutet für Sie:

Übernimmt ein Mitarbeiter während der von Ihnen bezahlten Arbeitszeit weitere Aufträge und lässt sich diese bezahlen, so kann eine fristlose Kündigung möglich sein. Dabei gilt folgendes:

  • Für die Frage der fristlosen Kündigung ist es unerheblich, ob der Mitarbeiter das Geld für sich vereinnahmt oder es zum Beispiel in die Kaffeekasse legt.
  • Spielt der Mitarbeiter insbesondere bei den Verhandlungen eine aktive Rolle, so spricht das bei der Interessenabwägung zu seinen Lasten.
  • Arbeit der Mitarbeiter einen solchen Auftrag auf Anweisung nur ab, so ist ihm nur ein geringer Schuldvorwurf zu machen. Dieser spricht bei der Interessenabwägung zu seinen Gunsten.
  • Beachten Sie unbedingt die gesetzliche Frist von zwei Wochen zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Die Frist beginnt, sobald Ihnen alle Tatsachen bekannt sind.
  • Denken Sie daran, dem Betriebsrat ausdrücklich zu der fristlosen Kündigung anzuhören, wenn es bei Ihnen im Unternehmen einen Betriebsrat gibt. Sonst ist die Kündigung allein aus diesem Grund unwirksam (§ 102 Betriebsverfassungsgesetz).