Diebstahl am Arbeitsplatz: Ist eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung möglich?

Verstehen Sie auch keinen Spaß, wenn man Sie bestiehlt? Dann sind Sie in guter Gesellschaft. Alle Arbeitgeberkollegen sehen das ähnlich und - glücklicherweise - in der Regel auch die Arbeitsgerichte. Mit einer fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung hatte sich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zu beschäftigen und dabei klauenden Arbeitnehmern die rote Karte gezeigt (Az.: 11 611/11). Was bedeutet das für Sie?

Zwar hatte das Bundesarbeitsgericht in der bekannten "Emmely- Entscheidung" noch im Juni 2010 gesagt, dass auch bei einer Straftat gegen den Arbeitnehmer unter Umständen eine vorherige Abmahnung erforderlich ist. In dem Fall des BAG ging es um eine langjährig beschäftigte Mitarbeiterin, die Pfandbons im Gesamtwert von 1,30 € für sich verwendet hatte.

Das bedeutet nun aber nicht, dass bei jeder Straftat gegen den Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung erforderlich wäre. Denn wie so oft kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. In dem Fall des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz ging es um eine Mitarbeiterin einer Spedition, die unter anderem für die Bareinnahmen der speditionseigenen Tankstelle zuständig war. Die Richter gingen davon aus, dass sie Einnahmen in Höhe von insgesamt rund 7.100 € nicht abgerechnet und für sich verwendet hatte. Eine Abmahnung hatte sie vorher nicht bekommen.

Fristlose Kündigung bei Vertrauensverlust möglich

Als der Arbeitgeber von dem Vorfall erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos. Hiergegen legte die Mitarbeiterin Kündigungsschutzklage ein. Aber beim Landesarbeitsgericht war "Schluss mit lustig". Die Richter kannten kein Pardon und bestätigten die fristlose Kündigung. Sie gingen davon aus, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgrund des Vorfalls so zerstört sei, dass auch ein zukünftig einwandfreies Verhalten der Mitarbeiterin dies nicht reparieren kann.

Wenn Sie von Mitarbeitern bestohlen werden …

Ich wünsche Ihnen, dass Sie niemals von Mitarbeitern bestohlen werden. Leider gibt es aber immer wieder Fälle, in denen genau das geschieht. Dann heißt es Ruhe bewahren und nicht vorschnell kündigen.

Trotz der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz ist in vielen Fällen ein Aufhebungsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sinnvoller. Sie umgehen damit das Risiko eines Kündigungsschutzprozesses. Wenn Sie aufgrund der vorliegenden Tatsachen davon ausgehen dürfen, dass durch die Mitarbeiter eine Straftat zu Ihrem Nachteil begangen wurde, dürfen Sie ihn zum Abschluss des Aufhebungsvertrages durchaus mit der Drohung motivieren, Sie würden andernfalls eine Strafanzeige vornehmen.

Weisen Sie auch darauf hin, dass eine fristlose Kündigung mit einem ungewöhnlichen Kündigungstermin im Lebenslauf problematisch ist. Jeder erfahrene Personalchef leitet aus einem ungewöhnlichen Kündigungstermin ab, dass wohl eine fristlose Kündigung vorlag.

Der "Reservefallschirm": fristgemäße Kündigung

Wenn Sie fristlos kündigen, vergessen Sie nicht, hilfsweise eine fristgemäße Kündigung auszusprechen. Wenn es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, müssen Sie diesen sowohl zu der fristlosen Kündigung als auch zu der hilfsweise ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung anhören. Sonst liegt ein Verstoß gegen § 102 Betriebsverfassungsgesetz vor, der die betroffene Kündigung unwirksam macht.

Sichern Sie sich die Rückzahlung

Auf jeden Fall sollten Sie auf die Rückzahlung des gestohlenen Geldes bestehen. Wenn es sich um einen größeren Betrag handelt, können Sie auch einen Notar hinzuziehen. Ein vor einem Notar abgegebenes Schuldanerkenntnis kann Grundlage für die Zwangsvollstreckung sein, wenn der Mitarbeiter nicht zahlt.

Sie brauchen dann nicht mehr gegen den Mitarbeiter klagen. Der Notar wird Sie bei der Formulierung beraten. Natürlich können Sie sich auch ein schriftliches Schuldanerkenntnis ohne Notar unterschreiben lassen. Wird dann nicht gezahlt, müssen Sie aber erst noch aufgrund des Schuldanerkenntnisses auf Zahlung klagen.