Die zentrale Botschaft für Existenzgründer und Unternehmer lautet in der Wettbewerbsanalyse: "Es ist nicht gefährlich, Wettbewerb zu haben, sondern nur, ihn nicht zu kennen". Die Existenz von Wettbewerb kann auch ein Indiz dafür sein, dass es eine Bedarfsgruppe und damit eine Basis für Geschäft gibt. Das muss nicht so sein, ist aber erst mal ein erster Impuls. Das Vorhandensein sogenannter Wettbewerber ist nicht nur nicht gefährlich, sondern in bestimmten Branchen und Regionen ganz normal.
So befinden sich zum Beispiel im Montafon in Österreich eine Vielzahl exklusiver Kunsttischler in einem Tal. Sie scheinen alle ein gesichertes Auskommen zu haben, ohne sich groß zu stören. Oder schauen Sie sich eine typische Kleinstadt in den USA an. Wenn Sie dort nachts mit dem Auto anreisen, müssen Sie sich nur daran orientieren, wo es hell ist. Dort finden Sie totsicher alle Tankstellen und alle Motels des Ortes auf einem Fleck. Offenbar auch, ohne nennenswerte Geschäftseinbrüche zu haben. Auch in vielen Städten bei uns sitzen Aldi und Lidl häufig nahe beieinander. Was müssen wir also tun, um das Phänomen "Wettbewerb" sachgerecht einzuordnen?
Zunächst einmal möchte ich hier nicht das Standard-Wissen publizieren, dass Sie unschwer überall im Internet abrufen können. Nehmen Sie ein Suchmaschine her und geben "Wettbewerbsanalyse" ein. Sie werden viele tausend Angebote finden. Die lesen Sie einmal ganz in Ruhe durch und suchen sich daraus raus, was Ihnen für Sie brauchbar erscheint.
Ich schlage Ihnen hier ein paar Fragestellungen vor, die eher ungewöhnlich sind und die Ihnen daher helfen werden, "anders" zu sein. Gehen wir davon aus, Sie starten ein Business, zu dem Sie nur Lust haben. Und gehen wir weiter davon aus, dass es in der gewählten Location deutlich sichtbaren Wettbewerb gibt. Was müssen wir also fragen, um diesen Wettbewerb so zu analysieren, dass wir für uns einen Vorteil daraus ableiten können? Diese Fragen könnten sein:
1. Wichtig für die Wettbewerbsanalyse: Was bietet der Wettbewerb konkret an?
Sie werden in den meisten Fällen schnell feststellen, dass es bei vielen Angeboten eine reiche Palette von Diversifikationen gibt. So kann sich z. B. eine Änderungsschneiderei auf Arbeiten spezialisieren, die andere nicht anbieten (z. B. Kürschnerarbeiten oder Änderungen bestimmter Marken, oder Hol- und Lieferservice, etc.). Die Antwort auf diese Frage finden Sie heraus, indem Sie sich erstens diese Frage überhaupt stellen (schon das ist 50% der "Miete") und indem Sie sich mit ein paar potentiellen Kunden zusammensetzen (bei einem Glas Bier in der Dorfkneipe, aus der gleich ein Kundenstammtisch entstehen kann) und die Fragen "Was erwartet ihr über das Standard-Angebot hinaus von mir?".
Das nennt man Brain-Trust (die Vereinigung von Hirnen). Auch dazu werden Sie hier von mir noch mehr lesen. Und wenn Sie jetzt Vorschläge bekommen, dann ist Ihre Aufgabe nicht zu sagen "Ja, aber…" und "Das geht nicht, weil…", sondern nur "Danke, danke, danke". Wenn Sie alle Impulse gesammelt haben, können Sie an Ihrem Schreibtisch noch immer entscheiden, ob Sie sich über die Wünsche Ihrer Kunden hinwegsetzen wollen.
2. Wettbewerbsanalyse: Kenne ich den Wettbewerbs-Unternehmer persönlich?
Nur wenn Sie die Unternehmer Ihres Wettbewerbs persönlich kennen, können Sie herausfinden, wie derjenige mit Kunden umgeht, oder welche Teilgruppe von Kunden er anzieht. Daraus können Sie Ihre Rückschlüsse ziehen. Gerade in kleineren Gemeinden gibt es Gewerbevereine, in deren Meetings (oft sehr nervig) Sie ohne Berührungsängste Ihren Wettbewerb persönlich erleben können. Ihre Aufgabe ist es herauszufinden, was Sie anders machen können als Ihr Wettbewerb.
3. Wie lange ist das Unternehmen schon auf dem Markt? Wie stabil ist es?
Wenn Sie herausfinden können, dass Wettbewerbs-Unternehmen schon ewig auf dem Markt sind, können Sie sich die Frage stellen "Was ist der Vorteil von frischem Wind im Markt?". Wenn Sie selbst ein Unternehmen betreiben, das Sie von Ihren Eltern geerbt haben, dann können Sie sich fragen "Welchen Vorteil habe ich, wenn ich meinen Kunden Sicherheit und Zuverlässigkeit verkaufe?" (was zum Beispiel in der Branche der Finanzdienstleitungen und Versicherungen enorm wichtig ist). Wenn Sie herausfinden, dass ein Wettbewerbsunternehmen finanzielle Schwierigkeiten hat, dann können Sie Ihr Marketing (z. B. Risikoumkehr) so gestalten, dass ein unsicherer Wettbewerber nicht mehr mithalten kann.
4. Der Standort in der Wettbewerbsanalyse: Welchen Standort hat der Wettbewerb?
Vielleicht haben Sie ja den schlechtest denkbaren Standort. Vielleicht verfügt Ihr Wettbewerb über wesentlich komfortablere Parkmöglichkeiten als Sie. Vielleicht ist die Umgebung Ihres Wettbewerbs exklusiver. Es ist völlig egal. Wenn Sie nicht den Eindruck haben, alles nur falsch gemacht zu haben mit Ihrer Standortwahl, dann stellen Sie sich die Frage "Welche Vorteile hat der scheinbare Nachteil und wie kann ich diese Vorteile in meinem Angebot und meiner Werbung deutlich machen?".
Machen Sie sich eine Liste von Standort-Kriterien mit Vor- und Nachteilen und ordnen Sie Ihr Unternehmen und alle Wettbewerber dort ein (Ranking). Dann ermitteln Sie die Konsequenzen entweder für eine Standortverlegung oder (billiger) für Ihr Marketing. Auch hier gilt wieder: "Solange Sie sich diese Frage nicht stellen, bekommen Sie auch keine Antwort".
5. Welche Marketing-Maßnahmen werden vom Wettbewerb durchgeführt?
Sie können alle Nachteile, die Sie scheinbar haben, mit einem geeigneten Marketing wett machen. Das liegt daran, dass die große Mehrheit von Unternehmen sich überhaupt nicht mit Marketing befasst. Holen Sie sich Impulse dazu über unser Portal www.Leadership-Akademie.com (Fachartikel, Forum). Meine Aufforderung an Sie lautet: Verlieben Sie sich in Ihr Marketing. Befassen Sie sich als Unternehmer jeden Tag mindestens 30 Minuten mit Marketing.
Ich gehe zum Beispiel in meiner Mittagspause jeden Tag 30 Minuten schwimmen und erhole mich dann auf meiner Liege, indem ich 30 Minuten Abhandlungen über Marketing lese. Natürlich kann man auch in der Mittagspause blöde TV-Sendungen glotzen, aber was wird wohl eher zum Erfolg beitragen?
6. Welche Bedarfsgruppe der Zielgruppe wird vom Wettbewerb angesprochen?
Wie schon erwähnt, gliedert sich jede Zielgruppe unter Umständen in diverse Untergruppen mit spezifischen Bedürfnissen. Zum Beispiel bieten fast alle Tankstellen das Gleiche an. Möglicherwiese haben sich große Marketing-Abteilungen Gedanken über Sinn und Unsinn gemacht. Meine Erfahrung ist, dass gerade Großunternehmen auch nur mit Wasser kochen (ich habe 30 Jahre lang Großunternehmen bedient) und vor allem dort eine extrem große Inflexibilität herrscht.
Das ist Ihre Chance. Wenn Sie schon in der Nachbarschaft zweier Markentankstellen eine freie Tankstelle eröffnen müssen, dann fragen Sie sich "Womit ziehe ich Kunden an?" Und "Wie mache ich Kunden so auf mich aufmerksam, dass sie gar nicht mehr auf die Idee kommen, zum Nachbarn zu gehen?". Auch hier liegen 50% der Lösung in der Frage.
7. Interessant für Ihre Wettbewerbsanalyse: Sind Kooperationen möglich?
Last but not leasst muss Ihr Wettbewerb nicht Ihr Feind sein. Wenn Sie durch eine reife Wettbewerbs-Analyse schon herausgefunden haben, wo die Unterschiede und Spezialitäten sind, dann können Sie sich auch die Frage stellen „Wie könne wir uns ergänzen und so getrennt marschieren und vereint schlagen?“ (Abgesehen davon ,dass Kunden ungerne geschlagen werden möchten). Stellen Sie also einen persönlichen Kontakt zu Ihren Mitbewerbern her und finden heraus, ob Ihr Wettbewerb ebenso reif ist wie Sie und eine Kooperation möglich ist.
Sie sehen, es lohnt sich, Fragen nach einer anderen Wettbewerbsanalyse als üblich zu stellen und daraus möglicherweise kraftvolle Antworten für einen besseren Erfolg zu erzielen. Haben Sie den Mut, sind Sie anders! Ihr Job ist es nicht, akademische Höchstleitungen in der Wettbewerbsanalyse zu erbringen (das haben andere schon vor Ihnen getan), sondern sich konkret mit Ihrer Situation zu befassen.