Die Wahrheitspflicht im Arbeitszeugnis bei Diebstahl

Wenn einem Mitarbeiter ein Diebstahl nachgewiesen werden kann, selbst wenn es sich nur um eine Büroklammer handelt, kann das zur Kündigung führen, weil das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gestört ist. Was darf dann im Arbeitszeugnis stehen – die ungeschminkte Wahrheit oder eine geschönte Umschreibung der Tatsache oder gar nichts?

Der Spagat zwischen Wahrheit und Wohlwollen
In erster Linie muss der Arbeitgeber bei der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses den Grundsatz der Wahrheit berücksichtigen. Wahrheit geht vor Wohlwollen! Wenn einem Arbeitnehmer also ein Diebstahl nachgewiesen wurde, dann ist das eine Tatsache, die ins Arbeitszeugnis aufgenommen werden muss.

Wahrheit im Arbeitszeugnis
Der Arbeitgeber ist also verpflichtet, die Wahrheit im Arbeitszeugnis zu schreiben. Tut er das nicht, macht er sich Schadensersatzpflichtig, wenn der gleiche Arbeitnehmer in einem anderen Unternehmen ebenfalls stiehlt, da er ja aus Unkenntnis dieser wichtigen Tatsache eingestellt wurde. Es verstößt grundsätzlich nicht gegen das Wohlwollensgebot, wenn eine negative bewiesene Tatsache im Arbeitszeugnis erwähnt wird.

Diebstahl im Arbeitszeugnis erwähnen oder . . .
Wenn man die wahre nachgewiesene Tatsache des Diebstahls erwähnt, sollte man diese Aussage trotzdem korrekt formulieren. "XY hat die Kasse stets ehrlich und ohne nennenswerte Differenzen geführt." Das bedeutet in der Interpretation, dass es Unregelmäßigkeiten gegeben hat. Diese Aussage muss der Zeugnisaussteller auch beweisen können, sonst wäre sie vor Gericht anfechtbar. Hier wird für den Leser recht schnell klar, dass es Probleme gab, die zur Kündigung führten und auf die der Zeugnisaussteller richtigerweise aufmerksam macht.

Aussagen im Arbeitszeugnis Weglassen = beredtes Schweigen
Es ist aber auch möglich zu einer Eigenschaft, die für das Berufsbild typisch ist und von Lesern erwartet wird, zu schweigen, d. h. sie einfach wegzulassen. Wenn also bei einem Mitarbeiter, der mit Geld Umgang hatte, die Ehrlichkeit nicht erwähnt wird, stellt das ein Signal für den Leser dar.

Aber Vorsicht, es könnte auch sein, dass diese Aussage von einem ungeübten Zeugnisschreiber "nur" vergessen wurde und der Zeugnisinhaber das versehentlich auch nicht reklamiert hat. Genau so gut kann aber auch dahinter stecken, dass der Mitarbeiter wirklich eine Verfehlung begangen hat, die letztendlich zur Trennung führte. Durch das Weglassen von entscheidenden Aussagen können Rückfragen beim Zeugnisaussteller angeregt werden.

Pflicht des Arbeitgebers zur Äußerung im Arbeitszeugnis
Es ist sicherlich nicht zu befürchten, dass die einmalige Entwendung einer Büroklammer gleich zu einer fristlosen Kündigungen führen wird. Aber bei mehrfach nachgewiesenen Verfehlungen hört der Spaß auf und das Vertrauensverhältnis dürfte als zerrüttet angesehen werden können. Dabei spielt die Verhältnismäßigkeit des Vorkommnisses eine große Rolle. Sind die Tatsachen bewiesen und damit wahr, hat der Zeugnisaussteller die Pflicht, sich im Arbeitszeugnis entsprechend zu äußern.