Zur Optimierung der Nachsteuerrendite kommt es beim Verkauf von gewerblichen Immobilien auf die Details an. Immobilienexperte André Heid informiert im Gastbeitrag über die steuerrechtlichen Hintergründe und zeigt legale Steuersparmöglichkeiten auf.
Inhaber von Büros sind derzeit nicht unbedingt zu beneiden. Der Leerstand erhöht sich, der Neubau stockt – und das vor allem aus zwei Gründen: der schleppenden Konjunktur und der auch nach dem Corona-Ende großen Zahl an Menschen, die ganz oder zumindest teilweise ihre Schreibtischarbeit von Zuhause aus erledigen. Doch wer die gewerblichen Immobilien rein auf Büros beschränkt, blickt verkürzt auf einen sehr großen Markt. Hinter dem Begriff „Gewerbeimmobilien“ verbirgt sich viel mehr.
Um eine allgemein gültige Definition von Gewerbeimmobilien zu erhalten, werfen wir zunächst einen Blick in das Bewertungsgesetz: In Paragraf 181 des Bewertungsgesetzes werden die unterschiedlichen Grundstücksarten definiert. Der Begriff Gewerbeimmobilie taucht darin nicht auf. Formaljuristisch handelt es sich bei Gewerbeimmobilien um Geschäftsgrundstücke. Diese werden unter Ziffer 6 des obigen Paragraphen wie folgt definiert: „Geschäftsgrundstücke sind Grundstücke, die zu mehr als 80 Prozent, berechnet nach der Wohnfläche und Nutzfläche, eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht Teileigentum sind.“
Letztendlich betrachtet der Gesetzgeber jedoch alle Räume, die genutzt werden, um einer gewerblichen Tätigkeit nachzugehen, als Gewerbeimmobilien. Der freiberuflich Tätige, der sich ein kleines Büro mietet, benötigt ebenso wie eine Behörde oder ein Konzern eine Gewerbeimmobilie.
Zur Genese einer jeden Gewerbeimmobilie gehört auch der Verkauf. Damit dieser aus Sicht des Verkäufers zügig und vor allem rentabel über die Bühne geht, müssen Besitzer von gewerblichen Immobilien vieles beachten, steuerliche Aspekte dabei mitberücksichtigen und ihre Hausaufgaben für den reibungslosen Verkauf machen.
Fundamentale Unterschiede zum Verkauf einer Wohnimmobilie
Grundsätzlich gilt: Der Verkauf einer Gewerbeimmobilie unterscheidet sich wesentlich vom Verkauf einer Wohnimmobilie und ist deutlich komplexer. Um eine Gewerbeimmobilie zum Verkehrswert zu verkaufen, empfiehlt sich die Einschaltung eines seriösen Immobilienexperten mit regionaler Marktkompetenz.
Gewerbeimmobilien lassen sich immer besser verkaufen oder vermieten, wenn sie vollständig erschlossen sind, über eine moderne Gebäudetechnik verfügen, an eine schnelle Internetleitung angebunden sind, eine gute Verkehrsanbindung haben und eine gute Raumaufteilung aufweisen.
Auch der Zeitpunkt des Verkaufs sollte gut durchdacht sein. Ist die Marktlage gerade ungünstig und die Immobilienpreise entsprechend niedrig, sollte der Verkauf – wenn möglich – aufgeschoben werden. Genau in einer solchen Marktphase befinden wir uns heute. Nun kann jedoch nicht jeder warten, bis sich der gewerbliche Immobilienmarkt von den Fesseln der aktuellen Krise befreit hat. Umso mehr kommt es dann darauf an, den Verkauf bestens vorzubereiten, um das Objekt zügig und zu guten Nachsteuerrenditen veräußern zu können.
Gewerbeimmobilie: Verkaufen oder vermieten?
Wer eine Gewerbeimmobilie sein Eigen nennt, diese aber nicht selbst nutzt, steht generell vor der Frage: vermieten oder verkaufen?
Wer eine Gewerbeimmobilie vermietet, muss die Netto-Kaltmiete versteuern, sobald diese den Freibetrag für Mieteinnahmen in Höhe von 10.908 Euro (Stand: 2023) übersteigt. Von den Mieteinnahmen darf der Vermieter die Betriebskosten sowie die Aufwendungen für die Finanzierung der Gewerbeimmobilie abziehen – das mindert die persönliche Einkommensteuerlast aufseiten der Vermieterin oder des Vermieters. Handwerkerrechnungen, Zinstilgungen, Gebäudeabschreibungen und Werbungskosten bei Mietersuche sind Ausgaben, die von den Mieteinnahmen abgezogen werden dürfen. Mietverträge für Gewerbeimmobilien werden oft langfristig abgeschlossen. Das gibt einerseits Planungssicherheit, erschwert andererseits aber die Kündigung.
Gewerbeimmobilie Schritt für Schritt richtig an den Markt bringen
Bei einem finanziellen Engpass gibt es jedoch noch eine weitere Möglichkeit, die besonders dann spannend erscheint, wenn Ihr eigenes Unternehmen die Gewerbeimmobilie für seine Geschäftstätigkeit benötigt: Verkaufen Sie die Gewerbeimmobilie zum Marktpreis und mieten Sie sich direkt ein.
Der Verkauf mit Mietvertrag ist eine effiziente Abwicklungsmethode, bei der Sie nichts verlieren. Sie erhalten einen marktgerechten Kaufpreis und müssen sich als Mieter mit befristetem oder unbefristetem Vertrag nicht mehr um lästige Dinge wie Reparaturen, Handwerker und Hausverwaltung kümmern.
Sie bekommen auf einen Schlag eine beträchtliche Summe Geld, geben Verantwortung ab und sichern Ihrem Gewerbe dennoch eine langfristige Bleibe. Denn Gewerbeimmobilien sind seitens des Eigentümers noch schwieriger zu kündigen als Wohnungen.
Wie läuft der Verkauf einer Gewerbeimmobilie ab?
Der Verkauf einer Gewerbeimmobilie beginnt mit einer Marktanalyse für das jeweilige Segment, also beispielsweise für Logistikimmobilien oder Produktionsimmobilien.
Neben der aktuellen Nachfrage spielen weitere Kriterien wie die Lage, die Höhe der Mieteinnahmen und der Zustand der Immobilie eine Rolle. Für eine Immobilie mit einem bestehenden Gewerbemietvertrag erzielen Sie in der Regel sehr gute Verkaufsergebnisse. Eine leerstehende Immobilie ohne Gewerbemieter lässt sich hingegen nur schwer verkaufen.
Beim Verkauf von Gewerbeimmobilien empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem kompetenten Immobilienexperten, der sich in diesem Marktsegment bestens auskennt – und bei der Teilmarktanalyse und beim Erstellen des Verkaufsexposés wertvolle Hilfe leisten kann. Zudem ist der Ratschlag der Experten hilfreich, wenn es um die Definition des Verkaufspreises geht. Viele private Vermieter haben hier falsche, weil arg überhöhte Vorstellungen. Andere wiederum würden ihre gewerblichen Immobilien aber auch unter Wert verkaufen ohne die Hilfe der Profis.
Fakt ist auch, dass sich die Immobilienbewertung, in naher Zukunft durch den Einsatz smarter Technologie radikal verändern wird. Dazu erklärt Kay Fleischmann, CEO und Gründer des AI-Beratungs- und Entwicklungsunternehmens ROCKET9: „Auch in der Immobilienbewertung wird sich künftig eine klare Arbeitsteilung herausarbeiten. KI wird dabei die Kärrnerarbeit im Hintergrund übernehmen, das Durchforsten immens großer Datenmengen.“
Kay Fleischmann hebt zudem hervor, wie die Effizienz durch den Einsatz von KI-basierten Bewertungstools gesteigert wird: „KI-basierte Bewertungstools machen den gesamten Bewertungsprozess nicht nur genauer, sondern auch schneller. Sie können in Sekundenschnelle komplexe Analysen durchführen. Das spart Zeit und Ressourcen für Immobilienfachleute als auch für deren Kunden.“
Diese technologischen Fortschritte entlasten die Immobilienexperten und ermöglichen ihnen, sich auf die Entscheidungsfindung zu konzentrieren. „Die Aufgabe der Immobilienprofis ist es dabei, die richtigen Entschlüsse aus den gelieferten Resultaten zu ziehen und diese dann im Bewertungsprozess einzusetzen,“ betont Fleischmann.
Steuertipps für den Verkauf einer Gewerbeimmobilie
Der Verkauf einer Gewerbeimmobilie muss zwingend in der Einkommensteuererklärung angegeben werden. Verkaufen Sie die Gewerbeimmobilie innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb, fällt zusätzlich Spekulationssteuer auf den Veräußerungsgewinn an. Verkaufen Eigentümer mehr als drei Immobilien oder Grundstücke innerhalb von fünf Jahren, stuft das Finanzamt sie als gewerbliche Grundstückshändler ein und berechnet zusätzlich Gewerbesteuer.
Gehört die Gewerbeimmobilie nicht einer Privatperson, sondern ist Teil des Betriebsvermögens, ist der Verkauf beziehungsweise der Gewinn steuerpflichtig nach Art der Besteuerung, die für die Rechtsform des Betriebs gilt. Ist oder war die Immobilie Teil des Betriebsvermögens, zahlen Eigentümer auf die Gewerbeimmobilie Spekulationssteuer unabhängig von der Frist.
Steuern sparen können Immobilieneigentümer beim Verkauf einer Gewerbeimmobilie lediglich durch die Vergünstigungen bei Betriebsaufgabe gemäß Einkommensteuergesetz (EStG):
- Ihnen wird ein Freibetrag von 45.000 Euro zugestanden, wenn Sie dauerhaft berufsunfähig sind oder das 55. Lebensjahr vollendet haben.
- Gilt der Veräußerungsgewinn als außerordentliche Einkunftsart, wendet das Finanzamt einen gesonderten Steuersatz an.
- Ist die veräußerte Gewerbeimmobilie Teil des Betriebsvermögens einer Kapitalgesellschaft, wendet der Fiskus das Teileinkünfteverfahren an. In diesem Fall darf jedoch nicht gleichzeitig eine Begünstigung durch außerordentliche Einkünfte vorliegen.
- Den steuerpflichtigen Gewinn, der durch den Verkauf einer Gewerbeimmobilie entsteht, können Betroffene temporär mindern, indem Sie eine Rücklage bilden, geregelt in Paragraf 6b, Absatz 3, Nummer 1 im EStG.
Über den Autor
André Heid ist Geschäftsführer der Heid Immobilien GmbH und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Immobilien. Gemeinsam mit seiner Frau Katharina Heid führt er das Unternehmen, das professionelle Gutachten für Privatkunden, Unternehmen, Gerichte, öffentliche Einrichtungen sowie Steuerberater und Rechtsanwälte erstellt. Mit ihrem Team bieten sie fundierte Analysen und maßgeschneiderte Beratung.
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