Deutschland ist Europameister bei den Rückrufen von Produkten

In der EU ist Deutschland das Land mit den meisten Rückrufen von fehlerhaften oder gefährlichen Produkten. Zu diesem Ergebnis kommt die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) anhand der neuesten Zahlen der Europäischen Kommission. Die Analyse stellt außerdem fest, dass die Anzahl der Produktrückrufe in den vergangenen 12 Monaten europaweit stark zugenommen hat.
Seit der Umsetzung der neuen Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit (RLAP) Anfang 2004 stieg die Zahl der Produktrückrufe, die der Kommission gemeldet wurden, um 175%. Im Februar 2004 wurden noch durchschnittlich 4 Produkte pro Woche zurückgezogen, im Februar 2005 waren es im Schnitt schon wöchentlich 11. Die Richtlinie soll Konsumenten vor gefährlichen Waren schützen. Dazu hatte die Kommission die Melde- und Veröffentlichungspflicht verschärft und von allen Firmen in der Absatzkette verbindliche Rückrufe verlangt.
 
Die PwC-Analyse macht deutlich:
  • 2004 meldete Deutschland mit 73 die meisten Rückrufe, gefolgt von Ungarn (46), Spanien (39), Litauen (27) und Finnland (24). 
  • 373 Produkte wurden insgesamt gemeldet, darunter Kosmetika und Spielwaren.
  • Über die Hälfte der Rückrufe (56%) wurden von den Behörden der Mitgliedstaaten verhängt, 44% erfolgten freiwillig.

Gerd Bovensiepen, Partner und Leiter des Bereiches Retail & Consumer bei PwC, erklärt: "Wir gehen davon aus, dass die Anzahl der Produkt-Rückrufe in Deutschland und den anderen EU-Ländern noch weiter steigen wird." Seiner Ansicht nach ist es derzeit noch zu früh, klare Unterschiede im Rückrufverhalten der einzelnen Länder festzumachen.
 
Die Zunahme der Rückrufe könnte dazu führen, dass das Interesse der Unternehmen an Produktrückruf-Versicherungen steigt, eine Sparte, die derzeit noch unterentwickelt ist. "Ein Produkt vom Markt zurückzuziehen kann ein teures Geschäft werden, also sollten Hersteller genau überlegen, welche Deckung sie benötigen", erläutert Gerd Bovensiepen weiter. Neben ausbleibenden Profiten drohen Kosten für die Information der Konsumenten, Erforschung der Schwachpunkte, Vernichtung der schadhaften Ware und das Marketing für die Wiederherstellung des beschädigten Markenimages. Im ungünstigsten Fall drohen den Firmen, die Produkte nicht zurückrufen, Geldbußen und Gefängnisstrafen.