Bezeichnung als „Ossi“ ist kein Verstoß gegen das AGG

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt vor Diskriminierung und Ungleichbehandlung. Unter anderem untersagt das AGG eine Diskriminierung wegen der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe. Die Bezeichnung als "Ossi" stellt jedoch keine derartige Diskriminierung dar.

So hat das Arbeitsgericht Stuttgart mit Urteil vom 15.4.2010 (Az.: 17 Ca 8907/09) entschieden. Es hatte die Frage zu beurteilen, ob "Ossis" als solche durch das AGG geschützt werden.

Sind "Ossis" laut AGG eine ethnische Gruppe?
Mitglieder einer ethnischen Gruppe dürfen laut AGG nicht aufgrund der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe im Arbeitsleben benachteiligt werden. Die Frage war, ob auch "Ossis" eine solche ethnische Gruppe darstellen. Die Frage war deshalb aufgetaucht, weil eine seit vielen Jahren in Westdeutschland wohnende, aber in Ostdeutschland geborene Stellenbewerberin ihre Bewerbungsunterlagen mit dem Hinweis "(-) Ossi" zurückbekommen hatte. Sie sah hierin einen Verstoß gegen das AGG und klagte auf Entschädigung.

 "(-) Ossi" stellt keinen AGG-Verstoß dar
Das Gericht stellte fest, dass die Bezeichnung als "Ossi" durchaus abwertend gemeint sein und daher diskriminierenden Charakter haben kann. Sie stellt allerdings keine nach dem AGG verbotene Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft dar. Die Ostdeutschen bilden nach Auffassung des Gerichts keine Ethnie im Sinne des AGG.

Dazu wäre erforderlich, dass sie nach Herkunft, Geschichte, Kultur, ihrem Territorium und ihrem soldarischen Zusammenhalt eine einheitliche Gruppe bilden. Bis auf das einheitliche Territorium konnte das Gericht diese Kriterien bei Ostdeutschen nicht feststellen. Dabei spielte auch eine Rolle, dass die DDR lediglich 40 Jahre – also rund eine Generation – bestanden hat. In dieser Zeit kann nach Ansicht des Gerichts keine Ethnie gebildet werden.

Tipp: Auch wenn das Arbeitsgericht einen Verstoß gegen das AGG abgelehnt hat, so liegt auf der Hand, dass der Vermerk "(-) Ossi" diskriminierend gemeint war. Selbst wenn das in diesem Fall keine juristischen Konsequenzen hatte, sind solche Vorfälle für das Betriebsklima und für das Image des Unternehmens 20 Jahre nach der Wiedervereinigung alles andere als förderlich.

Stellen Sie in Ihrem Unternehmen durch entsprechende Arbeitsanweisungen sicher, dass so etwas nicht geschieht. Sie vermeiden dadurch auch gerichtliche Auseinandersetzungen um mögliche Entschädigungszahlungen nach dem AGG.

Das ist auch deshalb sinnvoll, weil es durchaus möglich ist, dass andere Gerichte in so einer Situation einen Verstoß gegen das AGG annehmen würden. Derartige Hinweise auf Bewerbungsunterlagen sollten also sowohl aus menschlichen als auch aus betrieblichen und juristischen Gründen vermieden werden.