Betriebsübergang
Es spielt keine Rolle, ob Übernahme oder Unternehmensverkauf, Ausgliederung oder Outsourcing – rechtlich handelt es sich in aller Regel um einen Betriebsübergang, der unter § 613 a BGB fällt. 613 a bestimmt im Kern, dass der neue Arbeitgeber in allen Rechten und Pflichten an die Stelle des alten tritt; insbesondere darf Mitarbeitern nicht wegen des Betriebsübergangs gekündigt werden. Seit April 2002 ist neu, dass die Mitarbeiter im Voraus über den Betriebsübergang informiert werden müssen und dass sie ein Widerspruchsrecht haben.
§ 613 a BGB (Bürgerlichen Gesetzbuchs) regelt die Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim Betriebsübergang. Geht ein Betrieb durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, tritt der Erwerber in die Rechtsstellung des Altinhabers ein, d. h., die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen gehen auf den Erwerber über.
Sind die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer. Dies gilt dann nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden.
Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über diese rechtlichen Folgen zu informieren Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widersprechen.
Zweck von § 613 a BGB
Sinn und Zweck des § 613?a BGB ist es zunächst, den sozialen Besitzstand der Arbeitnehmer zu erhalten und einen lückenlosen Bestandsschutz zu gewähren, den Bestand des Betriebsrats und seiner Mitbestimmungsrechte zu garantieren, die Funktionsfähigkeit und Kontinuität des Betriebes zu sichern durch Fortbestand der eingearbeiteten Belegschaft sowie Haftungsregelungen für Arbeitnehmer bezüglich ihrer Ansprüche gegen alten und neuen Betriebsinhaber zur Verfügung zu stellen.
Anwendbar ist § 613?a BGB auf alle im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse. Maßgeblich für den Zeitpunkt ist die rechtliche Zugehörigkeit, nicht die tatsächliche Beschäftigung.
Nicht anwendbar ist § 613?a BGB auf Vertragsverhältnisse mit Arbeitnehmer-ähnlichen Personen, wie z. B. Heimarbeitern und auf Ruhestandsverhältnisse. Ebenfalls ausgeschlossen ist die Anwendbarkeit des § 613?a BGB bei freien Mitarbeitern, Werkvertragsnehmern und Handelsvertretern, Rechtsverhältnissen von Organmitgliedern sowie auf Beamte.
Voraussetzungen eines Betriebsinhaberwechsels
Der Wechsel des Betriebsinhabers ist erste Voraussetzung, d. h. es muss eine Änderung in der Person desjenigen erfolgen, der über die arbeitsrechtliche Organisations- und Leitungsmacht verfügt, ohne dass allerdings ein besonderer Übertragungsakt vorliegen muss.
Das ist regelmäßig derjenige, der den Betrieb im eigenen Namen führt. Das Eigentum an den Betriebsmitteln ist dafür ohne Bedeutung. Gleichgültig ist dabei, ob es sich um eine natürliche Person, eine Gesamthand oder eine juristische Person handelt.
Auch bei der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen ist § 613?a BGB uneingeschränkt anwendbar, denn auch solche Einrichtungen können Betriebe im Sinne von § 613?a BGB sein. Gleiches gilt trotz des verfassungsrechtlichen Tendenzschutzes für Rundfunk- und Fernsehanstalten.
Kündigungsschutz beim Betriebsübergang
Die Regelung des § 613?a Abs 4 Satz 1 BGB verbietet ausdrücklich die Kündigung "wegen des Übergangs eines Betriebs oder Betriebsteils". Nach der Rechtsprechung des BAG liegt eine solche betriebsübergangsbedingte Kündigung vor, wenn das Motiv der Kündigung wesentlich durch den Betriebsübergang bedingt ist.
Letzteres ist immer dann der Fall, wenn es nicht neben dem Betriebsübergang einen sachlichen Grund gibt, der aus sich heraus die Kündigung rechtfertigt, so dass sich der Betriebsübergang lediglich als äußerer Anlass für die Kündigung, nicht jedoch als tragender Grund darstellt.
Verhaltens- und personenbedingte Kündigungen
Diese bleiben ebenso möglich wie außerordentliche Kündigungen. Vor dem Betriebsübergang von dem Betriebsveräußerer ausgesprochene Abmahnungen behalten ihre Bedeutung für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung des Erwerbers, denn die einzelnen Beschäftigten sollen durch § 613?a BGB keine Besserstellung erfahren. Zu beachten ist lediglich, dass Abmahnungsgründe des alten Betriebsinhabers beim Betriebserwerber aufgrund anderer betrieblicher Organisationsstrukturen andere Relevanz entfalten können.
Insbesondere für Kündigungsschutzklagen stellt sich für den Arbeitnehmer die Frage nach dem zu verklagenden Arbeitgeber.
Richtigerweise ist – unabhängig davon, ob die Kündigung vom Betriebsveräußerer oder -erwerber stammt – wie folgt zu differenzieren: Wendet sich der Arbeitnehmer gegen eine vor Betriebsübergang ausgesprochene Kündigung und erhebt er noch vor dem Übergang der Leitungsmacht auf den Betriebserwerber Klage, so ist diese gegen den Betriebsveräußerer zu richten.
Betriebsverfassungsrechtliche Auswirkungen des Betriebsübergangs
Der bisherige Betriebsinhaber ist verpflichtet, gem §§ 2 Abs 1, 74 Abs 1 sowie ggf § 92 Abs 1 BetrVG den Betriebsrat hinsichtlich des bevorstehenden Betriebsübergangs zu informieren. Gleiches gilt für den Betriebserwerber. Besteht im Unternehmen des Betriebsveräußerers ein Wirtschaftsausschuss, so ist auch dieser rechtzeitig und umfassend gem § 106 Abs 2 BetrVG zu informieren.
Der Betriebsrat hat nach §§ 111,112 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht, welches über einen Betriebsübergang allein ausgelöst wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn mit dem Wechsel des Betriebsinhabers weitere organisatorische Maßnahmen verbunden sind, die dann für sich betrachtet einen der Tatbestände des § 111 BetrVG erfüllen.
Rechtsprechung zum Betriebsübergang
- BAG, Urteil vom 21.06.2012 BAG,Aktenzeichen: 8 AZR 181/11
- Urteil vom 23.09.2010 Aktenzeichen: 8 AZR 567/09