Berufsverwertbare Qualifikationen: Führungskompetenz

Dieser Beitrag reißt die verschiedenen Aspekte im Zusammenhang mit Führungsfähigkeit an. Neben der hierarchisch organisierten und formal abgesicherten Führung im klassischen Sinn muss die zunehmende Bedeutung sog. "lateraler Führung" im Sinne von Führung formal Gleichrangiger (z. B. mit der "Macht des besseren Arguments") beachtet werden.

Führung und Macht
Führungsfragen können nicht diskutiert werden, ohne Machtfragen mitzudiskutieren. Macht – wertfrei definiert – ist die Fähigkeit, andere Menschen auch gegen deren Willen zu bestimmten Handlungen oder Unterlassungen zu bewegen.

Eine Führungskraft muss sich durch den Willen zur Macht sowie durch Machtbewusstsein, d. h. durch bewussten, souveränen und behutsamen Umgang mit dieser Macht auszeichnen.

Ohne Willen zur Macht kann die Führungskraft ihrer Verantwortung für das große Ganze nicht gerecht werden. Es ist nicht möglich, jede Frage und jede Entscheidung in einem Unternehmen basisdemokratisch auszudiskutieren. Letztlich muss eine Entscheidung getroffen werden, denn das weitere Verschleppen einer Entscheidung wäre die – unausgesprochene – Entscheidung für die Beibehaltung des Status Quo.

Und es ist nur recht und billig, dass derjenige, der die Entscheidung zu verantworten hat, sie denn auch trifft – und über die Mittel verfügt, diese seine Entscheidung denn auch umzusetzen. Und Umsetzung gegen Widerstände bedeutet letztlich nichts anderes als Durchsetzung (und diese erfordert eben Macht!)

Aber Macht ohne Machtbewusstsein führt allzu leicht zu Despotie. Rein autoritäres Führen passt nicht mit den heute geforderten "mündigen Mitarbeiter", zusammen, der selbständig denkt und eigenverantwortlich handelt. Und es spricht jedem motivationalen Aspekt von Führung Hohn.

Delegieren und Motivieren
Die Führungskraft von heute muss vor allem delegieren und motivieren können. Delegieren bedeutet ausdrücklich nicht, diejenigen Arbeitsinhalte, die mir keinen Spaß machen, abzuwimmeln. Sondern vielmehr, möglichst vollständige und ganzheitliche Aufgabenblöcke zu übertragen und den Mitarbeiter so weit wie irgend möglich eigenständig erledigen zu lassen.

Delegieren bedeutet auch nicht, die Verantwortuing für terminlich und inhaltlich richtige Aufgabenerfüllung wegzuschieben; die Führungskraft muss sich dessen bewusst sein, diese Verantwortung auf niemanden übertragen bzw. abwälzen zu können.

Richtiges Delegieren lässt nicht nur die Mitarbeiter wachsen und sich entwickeln, sondern ist auch die wesentliche Motivationsfunktion. Ansonsten besteht die Motivationsaufgabe der Führungskraft in erster Linie darin, demotivierende Strukturen zu beseitigen und dem Mitarbeiter Steine und Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Denn die beste und wirksamste Motivation ist nicht extrinsische Motivation durch Maßnahmen Dritter, sondern intrinsische Motivation aus der Sache oder Aufgabe selbst.

Weitere Aspekte von Führungsfähigkeit
Außerdem muss eine Führungskraft imstande sein,

  • den Mitarbeitern Visionen zu vermitteln, um Veränderungsbereitschaft zu erzeugen

  • Betroffene zu Beteiligten machen und alle Beteiligten auf dem Weg mitzunehmen

  • mit den Mitarbeitern Ziele zu entwickeln und die Zielerreichung oder -verfehlung messbar zu machen

  • den Mitarbeitern angemessenes Feedback zu geben

  • selbst passiv kritikfähig sein, d. h. angemessenes Feedback nicht nur entgegennehmen zu können, sondern es als willkommenen Anlass zu nehmen, die eigene Position und Performance zu überprüfen

  • die Qualitäten, Fähigkeiten und vor allem Grenzen ihrer Mitarbeiter zu erkennen und so hocheffiziente Arbeitsgruppen und Teams zusammenzustellen.

Dass eine Führungskraft fair sein muss und alle Mitarbeiter zwar nicht gleich, aber angemessen und loyal behandeln muss, sollte sich von selbst verstehen. Loyalität ist keine Einbahnstraße, und ich kann nur etwas einfordern, das ich umgekehrt auch zu leisten gewillt bin.

Besonderheiten Lateraler Führung
Führungskraft zu sein erfordert schon in einer hierarchisch abgesicherten Führungssituation umfassende kommunikative Fähigkeiten; umso mehr gilt dies in Situationen, in denen der Führende formal-hierarchisch gleichrangig den Geführten ist.

Solche Situationen werden als "laterale Führung" (oder "Führung ohne Führungsauftrag") bezeichnet, und der Aspekt des Überzeugens nimmt sehr viel breiteren Raum ein.