Belastungen im Büro – vielleicht liegt es gar nicht an Ihnen?

Belastungen am Arbeitsplatz verschwinden selten von allein wieder. Die Haltung "Stress ist normal" reduziert das Belastungsgefühl überhaupt nicht und "tröstet" nicht mal wirklich. Hilfreicher ist es, erst einmal zu analysieren, wie viel das Stressempfinden mit der eigenen Persönlichkeit und wie viel mit betrieblichen Rahmenbedingungen, die fast automatisch zu einer zu hohen Arbeitsbelastung führen, zu tun hat.

Kennen Sie das? Die Kostenaufstellung ist noch nicht fertiggestellt, dabei müssten Sie längst in der Besprechung sein. Ihr Chef macht Druck, denn ein Kunde hat sich beschwert, weil er lange auf Ihren Rückruf warten musste. Egal, wie Sie sich bemühen, Sie haben das Gefühl, auf verlorenem Posten zu kämpfen. „Pass bloß auf, dass aus deinem Stress kein Burnout wird“, hat Ihnen ein Freund geraten. Wie soll das aber gehen bei der Arbeitsbelastung und dem Stress im Büro?

Arbeitsbelastungen und Stress im Büro

Arbeiten im Büro erfordert ein hohes Maß an Belastbarkeit, Flexibilität und Stabilität. Dabei immer alles unbestimmt auf „zuviel Stress“ zu schieben, ist auf Dauer zu kurz gegriffen. Auch die Haltung, „alle haben Stress, damit muss man klar kommen“, um dann so weiter zu machen wie vorher, bedeutet keine Lösung. Denn wenn es über einen längeren Zeitraum ein Gefühl von Überforderung gibt, sollte man sich etwas eingehender mit dem Problem beschäftigen.

Es einfach „wegzudrücken“ führt selten zu einer Lösung. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass sich das Problem von alleine erledigt. Eine differenziertere Betrachtung der Belastungen oder auch auf die Entstehung von Stress bringen einen oft den ersten wichtigen Schritt weiter. Vielleicht kennen auch Sie diese weit verbreiteten Belastungen?

Ungünstige Rahmenbedingungen im Büro fördern Stress

Durch Kostendruck entstehen Personalmangel und Zeitdruck. Dadurch ist eine adäquate Bearbeitung der anstehenden Aufgaben oft nicht möglich. Die Bedingungen „schnell“ und „100 Prozent“ schließen sich in der Regel aus. Da sich das viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht klar machen, sind Versagensgefühle, ein chronisch schlechtes Gewissen, Unzufriedenheit und Motivationsverlust oft die Folge.

Was können Sie bei Stress im Büro tun? Rahmenbedingungen klären!

Erstellen Sie für sich eine Liste, in denen Sie die hinderlichen oder fehlenden betrieblichen Rahmenbedingungen notieren. So wird für Sie klarer, wo Sie als einzelner Mensch „versagen“ und wo es durch äußere Bedingungen gar nicht möglich ist, das Arbeitspensum erfolgreich zu schaffen.

Betriebliche Rahmenbedingungen können beispielsweise sein:

  • Arbeitszeiten,
  • Unklarheit der Zuständigkeit,
  • unzureichende oder mangelhafte technische Ausstattung,
  • unklare Arbeitsaufträge,
  • fehlende Kommunikationsstrukturen,
  • Leitungsstil,
  • sozialer Umgang,
  • Überstunden,
  • Arbeitsanfall,
  • unzureichender Einfluss auf Urlaubs- und Arbeitszeiten,
  • unangemessene Fehlerkultur
  • und sicher fallen Ihnen noch einige Dinge ein.

Suchen Sie sich anschließend einen Punkt heraus, der Ihnen am wichtigsten ist und den Sie verändern möchten. Hier schreiben Sie nicht wie in meiner Beispielrichtung nur Stichworte auf. Dies ist für Ihre persönliche Auswertung zu pauschal und bringt Sie nicht wirklich weiter. Formulieren Sie ganze Sätze. Beispiele:

  • Ich ärgere mich, dass bei uns die Anfangs- und Schlusszeiten von Besprechungen nie eingehalten werden. Zu Beginn muss ich warten, bis es endlich losgeht. Manchmal wird bis zu einer Stunde überzogen, meine nachfolgende Tagesplanung gerät völlig aus den Fugen.  
  • Meine veraltete Software der Office-Versionen führt dazu, dass durch die Konvertierung Informationen verloren gehen und die Darstellung fehlerhaft ist. Die Wiederherstellung ist zeitaufwändig – vor allem die vielen „Entschuldigungen“, mit denen ich Kunden gegenüber versuche zu rechtfertigen, woran es gerade hapert.
  • Mein Chef ruft mir liebend gern im Vorbeigehen einen Arbeitsauftrag zu. Mir fehlen wesentliche Informationen zur Umsetzung und ich habe keine Gelegenheit zur Nachfrage, weil er bereits zum nächsten Termin unterwegs ist. Oft mache ich dadurch Dinge doppelt und dreifach, das nervt.

Was ist Ihre Konsequenz daraus?

Schreiben Sie in einem Satz auf, was Ihr Fazit aus dieser Auswertung ist. Das kann im genannten Beispiel mit den zeitlich unklaren Besprechungen sein: Für die „Wartezeit“ kleine Aufgaben mitbringen, die ich erledige und das Besprechungsende mit dreifach-Zeitpuffer versehen, damit kein Druck entsteht.

Ein Fazit könnte auch lauten: Chef/ Team unter vier Augen oder in offener Runde für das Thema sensibilisieren und gemeinsam über Abhilfe und Regeln entscheiden. Oder auch: Zur festgesetzten Zeit erscheinen und zum angekündigten Zeitpunkt gehen. Oder, oder, oder – sicher gibt es so unterschiedliche Lösungsansätze, wie auch die Menschen spezifisch sind.

Der nächste Teil thematisiert, ob eventuelle Rollenkonflikte im Büro zu Stress und einem starken Gefühl von Überlastung führen können. Wenn Sie Fragen zu dem Thema haben, schreiben Sie mir: VNR-LeserInnen@wera-naegler.de

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