Barrierefreiheit im Wohnungseigentum

Treffen kann es jeden: eine Gehbehinderung durch einen Unfall, eine Krankheit oder einfach nur, weil man alt geworden ist. Dann kann der Zugang zur eigenen Wohnung plötzlich ein großes Problem darstellen. Im Wohnungseigentum sind dann auch die anderen Eigentümer involviert, denn: Der gehbehinderte Eigentümer verlangt, den barrierefreien Zugang zu seiner Wohnung zu ermöglichen.

Der barrierefreie Zugang zur Wohnung kann auf vielerlei Art und Weise hergestellt werden. Denkbar sind beispielsweise:

  • der Einbau eines Treppenlifts
  • der Anbau eines Außenaufzugs
  • der Einbau einer Rollstuhlrampe
  • die rollstuhlgeeignete Gestaltung des Hauszugangs
  • der Einbau eines zusätzlichen Treppengeländers
  • die Verbreiterung der Hauseingangstür

Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um bauliche Veränderungen. Das bedeutet normalerweise, dass hierfür die Zustimmung aller durch die Maßnahme betroffenen Eigentümer erforderlich ist. Das würde aber bedeuten, dass kein Umbau zur Barrierefreiheit erfolgt, sobald einer der betroffenen Eigentümer seine Zustimmung verweigert. Das ist natürlich nicht der Fall, denn es würde zu einer unzulässigen Benachteiligung behinderter Wohnungseigentümer führen.

Interessenabwägung entscheidet

Normalerweise wird in jedem Einzelfall anhand einer Interessenabwägung ermittelt, ob die anderen Eigentümer die geforderten Umbaumaßnahmen dulden müssen. Bei dieser Abwägung steht auf der einen Seite das Interesse des gehbehinderten Eigentümers am barrierefreien Zugang zu seiner Wohnung. Dem gegenüber steht das Interesse der anderen Wohnungseigentümer daran, dass das nach § 14 Nr.1 WEG hinzunehmende Maß der Beeinträchtigung nicht überschritten wird.

Allerdings: Geht es bei den Umbauarbeiten lediglich darum, dass das äußere Erscheinungsbild des Hauses verändert wird, überwiegt regelmäßig das Interesse des Eigentümers am barrierefreien Zugang zu seiner Wohnung. Dann haben die anderen Eigentümer die Maßnahme zu dulden. Es kann aber auch (Ausnahme-)Fälle geben, in denen der gehbehinderte Eigentümer die Duldung der Umbaumaßnahmen von der Gemeinschaft nicht verlangen kann.

Beispiel: Ein gehbehinderter Eigentümer möchte einen Treppenlift im gemeinschaftlichen Hausflur einbauen lassen. Hierfür sind nicht nur zusätzliche Träger erforderlich, die Nutzung des Treppenhauses wird für die anderen Eigentümer wesentlich erschwert. Wenn der Eigentümer trotz seiner Gehbehinderung zwar mit erschwertem Aufwand, aber allein die Treppe hochkommt, wird er hier den Einbau des Treppenlifts von den anderen Eigentümern nicht verlangen können.

Barrierefreiheit geht vor öffentlich-rechtlichen Vorschriften

In der Rechtsprechung nimmt die Barrierefreiheit einen hohen Stellenwert ein. So besteht nach einer Entscheidung des OLG München der Anspruch auf den Einbau eines Treppenlifts im gemeinschaftlichen Treppenhaus auch, wenn die nach öffentlichem Recht erforderlich Mindestbreite des Treppenhauses danach nicht mehr eingehalten werden kann (Urteil v. 12.07.05, Az. 32 Wx 51/05).

Fazit: Verlangt ein gehbehinderter Eigentümer Baumaßnahmen, die ihm den barrierefreien Zugang zu seiner Wohnung ermöglichen, müssen Sie das zwar dulden, aber nicht bezahlen.