Autoren und Ärzte im Smalltalk

Immer nur Friede, Freude, Eierkuchen im Smalltalk: Ist das auf Dauer nicht ein wenig langweilig? Allzu kontrovers sollte es nicht werden. Doch ein wenig befeuern dürfen Sie die Konversation schon. Warum nicht mit einer provozierenden Bemerkung? Ist sie geistreich und humorvoll, beißt Ihr Gesprächspartner sofort an.

Gehobene Streitkultur im Smalltalk
Bleibt die Frage: Wo finden Sie den Stoff für die gehobene Streitkultur? Absolut smalltalktauglich sind die Sprüche von George Bernard Shaw. Der Dramatiker und Theaterkritiker wurde am 26. Juli 1856 in Dublin geboren. 1925 erhielt er den Nobelpreis. Jedoch nur als zweiter Ire: Zwei Jahre vor ihm gewann Wiliam Butler Yeats (gesprochen: Yates) diese Auszeichnung.

Doch brauchen Sie für den Shaw-Smalltalk nicht unbedingt einen Aufhänger. Zu vielfältig sind die Themen, zu denen der Spötter etwas Ätzendes zu sagen hatte.

Smalltalk-Opfer Nummer 1: die Autoren
Shaw war sowohl Schriftsteller als auch Kritiker. Vermutlich waren ihm die Stücke aus anderen Federn nicht gut genug. Einmal bat ein junger Autor Shaw um die Beurteilung eines Manuskripts. Die Antwort des Meisters fiel sehr kurz aus: "Ihr Buch hat nur einen Fehler: Die Deckel sind zu weit auseinander." Übrigens: Auch als Smalltalker sollten Sie Shaws Rat befolgen. Und sich recht kurz fassen.

Smalltalk-Opfer Nummer 2: Künstler im weißen Kittel
Als der wortgewaltige Ire am 2. November von der Bühne dieser Welt abtrat, werden nicht nur Kollegen aufgeatmet haben. Auch mancher Weißkittel dürfte erleichtert gewesen sein. Beispielsweise diejenigen, deren Leistung – nein, nicht im Operationssaal, sondern als Hobbymusiker – Shaw für eine Zeitung begutachten sollte. Wieder fiel die Kritik äußerst knapp aus. Dafür umso vernichtender. Am folgenden Tag war im Feuilleton über das Debütkonzert Londoner Ärzte, die einen Musikverein gegründet hatten, zu lesen: "Man sollte sie an ihre Schweigepflicht erinnern."

Bevor Ihr Smalltalk-Gegenüber dies tut, dürfen Sie noch eine Geschichte zum Besten geben.

Smalltalk-Opfer Nummer 3: Hollywood-Produzenten
Dass Shaw durchaus auch zur Selbstkritik fähig war, bewies er in einem Gespräch mit Sam Goldwyn. Der Hollywood-Produzent versuchte, dem Schriftsteller möglichst günstig die Filmrechte an einem seiner Theaterstoffe abzuhandeln. Filme hätten viel mehr Publikum als Bühnenstücke, so Goldwyns Argument: "Denken Sie doch nur daran, welchen Beitrag zur Kunst Sie mit einem verfilmten Schauspiel leisten würden!" Genau darin liege das Problem, entgegnete Shaw: "Sie, verehrter Herr Goldwyn, denken nur an Kunst. Ich dagegen denke nur an Geld."

Jetzt ist aber Ihr Smalltalk-Partner an der Reihe!

(K)ein weiteres Opfer im Smalltalk?
Fragen Sie Ihr Gegenüber, ob er zu einer dieser Opfergruppen gehört. Vielleicht ist er ja Autor, Arzt oder wie Goldwyn Unternehmer? Oder, noch besser: Er kennt selber eine Anekdote von Shaw beziehungsweise einem anderen scharfzüngigen Lästermaul. Die kann er an dieser Stelle im Smalltalk anwenden.