Außerordentliche Kündigung während der Probezeit?

Die Probezeit dient dem gegenseitigen Kennenlernen: Der Arbeitgeber möchte natürlich herausbekommen, ob der Bewerber der anfallenden Arbeit gewachsen ist und ins Team passt. Der Beschäftigte wiederum will wissen, ob er sich in dem beruflichen Umfeld wohlfühlt und ihm die Tätigkeit gefällt.

Bei Uneinigkeiten kann das Arbeitsverhältnis innerhalb einer zweiwöchigen Kündigungsfrist nach § 622 III BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) relativ schnell beendet werden. Doch darf ein Arbeitgeber aufgrund dieser ohnehin schon kurzen Frist überhaupt noch fristlos kündigen?

Erfolglose Probezeit

Bereits kurz nach seiner Einstellung fiel ein Beschäftigter im Unternehmen negativ auf. Obwohl er bereits im Bewerbungsgespräch auf seine Dokumentationspflichten hingewiesen worden war, kam er diesen nicht bzw. nur ab und zu nach. Trotz mehrfacher Hinweise änderte der Angestellte sein Verhalten jedoch nicht, sodass sein Chef das Arbeitsverhältnis noch innerhalb der sechsmonatigen Probezeit außerordentlich, hilfsweise ordentlich kündigte. Als Kündigungsgrund nannte er regelmäßige Verstöße gegen Dokumentationspflichten sowie eine mangelnde Eignung für die Stelle.

Letztendlich stritten die Parteien vor Gericht um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. Der Mitarbeiter erklärte, sich besonders gewissenhaft um die ihm anvertrauten Personen gekümmert zu haben, weshalb nicht mehr genügend Zeit für eine Dokumentation im gewünschten Umfang geblieben sei. Ferner sei er vor Ausspruch der Kündigung nicht auf angeblich mangelnde Arbeitsleistungen hingewiesen worden. Vielmehr sei er in diversen Schulungen ausreichend in seine Tätigkeit eingewiesen worden und habe sie daher auch ordnungsgemäß erledigt.

Ordentliche Kündigung als milderes Mittel?

Das LAG (Landesarbeitsgericht) Berlin-Brandenburg hielt die außerordentliche Kündigung für unwirksam.

Gemäß § 626 I BGB darf ein Arbeitgeber nur außerordentlich kündigen, wenn er hierfür einen wichtigen Grund hat und ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar ist.

Vorliegend war nach Ansicht des Gerichts bereits zweifelhaft, ob die unterbliebene Dokumentation geeignet war, die fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Beschäftigte hatte seine Arbeit schließlich nicht bewusst verweigert, sondern angegeben, aufgrund der Kundenbetreuung oft keine Zeit mehr für die Dokumentation gehabt zu haben.

Das Gericht konnte daher auch nicht ausschließen, dass der Angestellte einfach mit seiner Arbeit überfordert war. Weil er sich noch in der Probezeit befand, hätte der Chef daher schnell reagieren und sich von ihm nach § 622 III BGB innerhalb von zwei Wochen mittels ordentlicher Kündigung trennen können.

Zwar schließt die kurze Kündigungsfrist während der Probezeit eine außerordentliche Kündigung nicht automatisch aus. Je kürzer jedoch die ordentliche Kündigungsfrist wäre, umso unzumutbarer muss für den Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für diese Zeit jedoch sein. Das kommt vor allem bei einer besonders schwerwiegenden Pflichtverletzung – z. B. Diebstahl von Firmeneigentum – in Betracht.

Vorliegend waren die Kündigungsgründe laut dem Arbeitgeber aber "nur" eine mangelnde Eignung und die Verletzung von Dokumentationspflichten, weshalb dem Chef als milderes Mittel eine ordentliche Kündigung und damit das Abwarten einer zweiwöchigen Kündigungsfrist zumutbar war.

Auch wenn das KSchG (Kündigungsschutzgesetz) vorliegend nicht anzuwenden war – der Beschäftigte hatte seine Anstellung schließlich in der Probezeit wieder verloren und damit die in § 1 KSchG vorausgesetzte sechsmonatige Wartezeit nicht erfüllt –, so hätte der Chef nach Ansicht des Gerichts aus Gründen der Verhältnismäßigkeit während der Probezeit dennoch eine Abmahnung aussprechen müssen: Es sei schließlich davon auszugehen, dass ein abgemahnter Arbeitnehmer sein Verhalten zukünftig ändern werde, um die für den Wiederholungsfall angedrohte Entlassung – die härteste Sanktion im Arbeitsrecht – zu verhindern.

Eine Abmahnung ist allerdings entbehrlich, wenn feststeht, dass der Mitarbeiter sein Verhalten trotz Abmahnung nicht ändern wird oder seine Pflichtverletzung so schwerwiegend war, dass dem Chef das Abwarten einer Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Hierfür war aber laut dem LAG vorliegend nichts ersichtlich.

(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.03.2015, Az.: 26 Sa 1910/14)