Aushilfen nur auf Abruf beschäftigen? Ganz so einfach ist das nicht!

In der Beratungspraxis habe ich immer wieder Fälle auf dem Tisch, in denen Aushilfen auf 450 €-Basis beschäftigt werden. Arbeitgeber schätzen die flexible Möglichkeit, mit solchen Aushilfen zu arbeiten. Allerdings ist diese Flexibilität nicht unbegrenzt. Es gilt einige rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten.

Ein typischer Fall:

Ein Einzelhandelsgeschäft beschäftigt Schüler auf 450-€ Basis als Aushilfen ein schriftliche Arbeitsvertrag besteht nicht. Auch eine feste Stundenzahl ist nicht vereinbart. Die Geschäftsführung ist der Ansicht, die Beschäftigung erfolgt je nach Bedarf. Wenn Bedarf besteht, werden die Aushilfen kurzfristig per WhatsApp informiert.

Rechtlich gibt es hier gleich mehrere Probleme, mit denen Arbeitgeber oft nicht rechnen

1. schriftlicher Arbeitsvertrag

Auch für 450-Euro-Kräfte („Minijob“oder „geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nummer 1 SGB IV“) gilt das sogenannte Nachweisgesetz. Genauso wie bei allen anderen Arbeitnehmern muss der Arbeitgeber den Aushilfen eine Zusammenstellung der wichtigsten (im Gesetz ausdrücklich aufgezählten) Regelungen zum Arbeitsvertrag in schriftlicher Form mitteilen. Das kann entweder durch ein gesondertes Dokument oder aber – in der Praxis viel weiter verbreitet – durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschehen.

Ein schriftliche Arbeitsvertrag ist für das Entstehen eines Arbeitsverhältnisses allerdings nicht erforderlich. Es besteht also mit Einigung über die Arbeitsbedingungen ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Aushilfe.

2. Arbeit auf Abruf – Ankündigungsfrist

Für Mitarbeiter, die auf 450-Euro-Basis beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Das steht ganz klar in § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes.

Damit gelten auch die in § 12 TzBfG getroffenen Regelungen zur sogenannten Arbeit auf Abruf. Danach ist der Arbeitnehmer, also auch die Aushilfe, zur Arbeitsleistung nur verpflichtet, wenn ihm der Arbeitgeber die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt. Diese Mitteilung kann schriftlich, mündlich oder zum Beispiel auch per WhatsApp erfolgen.

Wichtig ist die richtige Berechnung der Ankündigungsfrist. Bei der Fristberechnung gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen (siehe §§ 186 ff BGB). Danach müssen die Mitteilungen über die vorgesehenen Arbeitszeiten wie folgt erfolgen (ohne Berücksichtigung von Feiertagen):

geplanter Arbeitstag Zugang der Mitteilung über die Arbeitszeit spätestens am …
Montag Mittwoch der Vorwoche
Dienstag Donnerstag der Vorwoche
Mittwoch Freitag der Vorwoche
Donnerstag Freitag der Vorwoche
Freitag Freitag der Vorwoche
Samstag Montag
Sonntag Dienstag

Kürzere Fristen können nicht vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung wäre unwirksam.

3. Arbeit auf Abruf – Mindestbeschäftigung

Auch eine weitere Vorschrift des Teilzeit- und Befristungsgesetzes wird von Arbeitgebern öfters nicht berücksichtigt. Ist Arbeit auf Abruf vereinbart, muss nach klarem Gesetzeswortlaut die Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festgelegt sein. Die vielfach anzutreffende Praxis, Aushilfen völlig flexibel dann einzusetzen, wenn Bedarf besteht, führt zu Problemen. Denn § 12 Abs. 1 TzBfG schreibt eindeutig vor, dass eine Beschäftigungszeit von 10 Stunden/Woche gilt, wenn nichts anderes vereinbart ist. Darüber hinaus müssen Aushilfen mindestens 3 Stunden am Stück beschäftigt werden, wenn nichts anderes vereinbart wurde.

Allzu große Flexibilität ist also nicht möglich. Wenn keine Stundenzahl vereinbart ist, hat die Aushilfe einen Anspruch auf Beschäftigung (oder jedenfalls Bezahlung) von 10 Stunden in der Woche. Wenn sie zum Beispiel nur für 5 Stunden zur Arbeit eingeteilt ist und arbeitet, müssen trotzdem 10 Stunden bezahlt werden. Voraussetzung, die Aushilfe hat ihre Arbeitskraft angeboten und z. B. gefragt, wann sie zur Beschäftigung eingeteilt ist.

Das Risiko können Sie begrenzen, indem Sie eine geringere Arbeitszeit pro Woche vereinbaren. Ihr Unternehmen ist hierfür im Zweifelsfall beweispflichtig. Sie sollten eine entsprechende Vereinbarung daher unbedingt schriftlich vornehmen (siehe oben unter 1).

4. weitere Aspekte

Oft ist unbekannt, dass auch 450-Euro-Kräfte Anspruch auf gesetzlichen Urlaub, Entgeltfortzahlung und Einhaltung der Kündigungsfristen haben. Selbst das Kündigungsschutzgesetz und der gesetzliche Sonderkündigungsschutz (z. B. bei Schwangerschaft) greifen.

Merken Sie sich folgende Faustformel

450-Euro-Kraft = normaler Arbeitnehmer mit Besonderheiten bei der Sozialversicherung und der Steuer.

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