Ausbildung – auch mit Kind und Familie!

Diplom-Pädagogin Angelika Puhlmann vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) schildert mit Hilfe einer Fallstudie, wie durch die Veränderungen des Berufsbildungsgesetzes die Abschlusschancen für Frauen und Männer mit Kindern und Familie steigen, wenn eine Berufsausbildung in Teilzeit absolviert werden kann.

Der Brief von der Arbeitsvermittlung weckte in Maria K. neue Hoffnung. Vielleicht könnte es diesmal klappen, vielleicht würde sie diesmal doch einen Ausbildungsplatz finden. Schon immer wollte sie ins Büro, weil sie dort mit Menschen und Computern zu tun haben würde, das war ihr Traum. Doch dieser Traum schien sich für immer zerschlagen zu haben, als sie – kurz nachdem sie ihre Schulzeit beendet hatte-, schwanger geworden war und sich für das Kind entschieden hatte.

Schon einige Male hatte sie sich beworben, doch immer wieder stellte sich heraus, dass die Zeiten von Ausbildung und Kinderbetreuung einfach nicht zusammen passten. Gibt es für Maria K. eine Lösungsmöglichkeit aus ihrem Dilemma?

Diplom-Pädagogin Angelika Puhlmann vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat dieses Fallbeispiel gewählt, um in den folgenden Absätzen auf die neuen Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes und deren Wirkungen auf die Abschlusschancen einzugehen.

Neues Berufsbildungsrecht ermöglicht Teilzeitausbildung
Maria K. hörte in ihrem Beratungsgespräch, dass es eine neue Möglichkeit gibt, die für all jene jungen Frauen und Männer, die eigene Kinder betreuen oder die einen Angehörigen pflegen, maßgeschneidert ist: Mit dem neuen Berufsbildungsrecht gibt es seit 2005 nach § 8 BBiG auf gemeinsamen Antrag der Auszubildenden und Ausbildenden die Möglichkeit, die tägliche und wöchentliche Ausbildungszeit zu verkürzen, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt. Dazu gehört auch die Betreuung und Pflege von Kindern oder Angehörigen. Mit dieser neuen Regelung sollen die Vereinbarkeit von Ausbildung und Familie ermöglicht und die Benachteiligung durch Mutterschaft, Elternschaft und Familienbetreuung vermieden werden.

Lange Zeit galten junge Mütter als spezielle Sondergruppe unter den Benachteiligten, die eine besondere Förderung benötigten, um zu Schulabschlüssen zu kommen und im besten Fall eine Berufsausbildung erfolgreich durchlaufen zu können. Allerdings war bei näherer Betrachtung nicht von der Hand zu weisen, dass fehlende und unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie inflexible Vollzeitregelungen bei der Ausbildungs- und Arbeitszeit insbesondere zur Benachteiligung junger Mütter und Väter führen. So zeigten Untersuchungen des BIBB, dass von all jenen jungen Menschen, die ohne abgeschlossene Berufsausbildung blieben, gerade diejenigen, die bereits Kinder und Familienpflichten haben, keine Chance haben, einen Berufsabschluss – und damit eine solide Lebensgrundlage für sich und ihre Kinder – zu erwerben.

Vereinbarkeit von Ausbildung und Familie ist zugleich für die Fortsetzung von Ausbildungen nach einer Mutterschutz- oder Elternzeit von wachsender Bedeutung. Auszubildende sind heute schon junge Erwachsene und die Betriebe haben ein großes Interesse daran, dass das, was sie in die Ausbildung investiert haben, auch mit einer erfolgreichen Abschlussprüfung gekrönt wird. Außerdem sollen ihnen die von ihnen ausgebildeten jungen Fachkräfte dann zur Verfügung stehen.

Aktivitäten zur Teilzeitausbildung in allen Bundesländern
Bis 2005 wurde Berufsausbildung junger Mütter traditionell in kleineren Projekten erprobt und umgesetzt. Die erste landesweite Philosophie und Förderung  hatte das Land Hessen entwickelt, ein Ansatz, der als Landesprogramm heute weitgehend umgesetzt wird. Seit 2005 sind durch den reformierten § 8 im BBiG neue Handlungsmöglichkeiten gegeben. Heute finden sich in allen Bundesländern Aktivitäten zur Teilzeitausbildung, z.B. http://TZBA.reinit.net.

Besonders erwähnenswert ist ein bundesweites Modell von Beratungsstellen für junge Menschen mit Kind, die einen Ausbildungsplatz suchen und für Betriebe, die an Teilzeitausbildung interessiert sind. in Kammerbezirken in Schleswig- Holstein. Das Besondere hier: Die Möglichkeiten der Berufsausbildung in Teilzeit ist als Wirtschaftsfaktor in der Region verankert worden. Bundesweit unterstützend hat der Hauptausschuss des BIBB im Juni 2008 "Empfehlungen zur Abkürzung und Verlängerung der Ausbildungszeit / zur Teilzeitausbildung" ) verabschiedet.

Erfolgreiche Berufsausbildung in Teilzeit
Heute, drei Jahre nachdem Maria K. durch die neue Regelung eine Ausbildungsstelle gefunden hat, kann sie ein positives Resümee ziehen: Sie hat die Ausbildung erfolgreich beendet und der Ausbildungsbetrieb hat sie als Fachkraft für Bürokommunikation übernommen – mit Handkuss, wie Maria K. stolz hinzufügt. Und das hat sie auch verdient!