Arbeitszeugnisse: Formulieren Sie klar und verständlich?

In § 109 der Gewerbeordnung heißt es im Absatz 2: "Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein." Das gilt nicht nur für die verbotenen zweideutigen Formulierungen wie "Er hat zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen = Alkohol im Dienst", sondern es heißt auch: Eindeutig, präzise und schnörkellos schreiben. Können Sie Arbeitszeugnisse verständlich formulieren?

Wenn ein Zeugnisaussteller schreibt "Herr Müller nahm an einer Fortbildung für Designer-Möbel teil", dann ahnt man, was gemeint sein könnte, aber präzise ist das nicht. Man stelle sich einen großen Seminarraum vor, wo außer Herrn Müller nur Designer-Möbel präsent sind.

Verständliches Arbeitszeugnis: Hauptwörterstil vermeiden

Charakteristisch in vielen Arbeitszeugnissen ist der ausladende Stil
und die vielen Substantive. Beispiel aus einem Original-Arbeitszeugnis:

"Seine verantwortungsvolle und gewissenhafte Arbeitsweise sowie seine
hohe Zuverlässigkeit gewährleisten stets eine einwandfreie Ausführung
seiner Arbeiten, die unsere uneingeschränkte und vollste Zufriedenheit
fand."

Einfach und verständlich ausgedrückt klingt es im Arbeitszeugnis wie folgt: "Er ist sehr zuverlässig, arbeitet sorgfältig und gewissenhaft und erzielt gute Ergebnisse."

Mehr Verben, weniger Substantive

Doch Vorsicht! Es gibt auch falsche Verben: Abändern statt ändern
oder absenken statt senken. Nicht alle Verben passen in das verständliche Arbeitszeugnis. Es gibt auch
blasse und tote Verben. Hier ein paar Beispiele aus Arbeitszeugnissen,
wo diese Verben vorkommen: Zeigen, pflegen, prägen, verfügen,
überzeugen.

Das Wort "zeigen" im Arbeitszeugnis

Der Meister zeigte dem Lehrling, wie er es richtig
machen soll, und seine Schwester Helga zeigte dem Verehrer die kalte
Schulter. Und was zeigen Herr Schmidt und Frau Kruse, wenn es denn
stimmt, was in ihren Arbeitszeugnissen steht?

  • Herr Schmidt zeigte einen korrekten Arbeitsstil.
  • Frau Kruse zeigte bei der Aufgabenerledigung stets außergewöhnlichen
    Einsatz und hervorragende Leistungen in quantitativer und qualitativer
    Hinsicht.

Leistung hat viel mit Menge und Güte zu tun, da muss
man dem Schreiber dieser Zeilen zustimmen. Aber das hat es immer, nicht
nur im Fall von Frau Kruse.

Das Wort "pflegen" im Arbeitszeugnis:

Herta Lause pflegt morgens recht früh aufzustehen, weil sie ihre alte Mutter pflegt, außerdem pflegt sie ihre Wohnung, ihren Garten, ihr Haar und den Umgang mit Freunden. Vor dem Einschlafen pflegt sie einen Kriminalroman zu lesen. Und was sie im Betrieb pflegt, steht in ihrem Arbeitszeugnis:

  • In der innerbetrieblichen Kommunikation pflegte Frau Krause eine Atmosphäre der Kooperationsbereitschaft, der Integration und der Teamorientierung.

Das Wort "prägen" im Arbeitszeugnis:

Schiller und Goethe haben die Literatur der Klassik geprägt; Gene, Herkunft und Umwelt prägen den Menschen. Was bei der Arbeit prägend ist, steht im Arbeitszeugnis:

  • Seine Arbeitsweise ist geprägt von Pflichtbewusstsein.
  • Dynamik, Tatkraft und konsequentes Handeln prägten seinen Arbeitsstil.

Das Wort "verfügen" im Arbeitszeugnis:

Schulzes Sohn Jens kann über sein Taschengeld frei verfügen, seine Frau über das Haushaltsgeld. Schulze selbst verfügt über gute Beziehungen zur Geschäftsleitung, über große Berufserfahrung und ein gutes Einkommen. Seiner Mitarbeiterin, Frau Hansen, hat er im Arbeitszeugnis bescheinigt, dass sie über ein großes Fachwissen, schnelle Auffassungsgabe und ein vorbildliches Pflichtbewusstsein verfüge.

Das Wort "überzeugen" im Arbeitszeugnis:

Er hatte gute Argumente: Was er sagte, überzeugte die Zuhörer. Man kann auch durch Leistung überzeugen. Im Arbeitszeugnis steht dann:

  • Herr Meister überzeugte als dynamische Führungskraft, die stets eine gute Einsatzbereitschaft zeigte. (Man beachte wie aus der männlichen plötzlich die weibliche Sprachform entsteht!)
  • Frau Krause überzeugte durch ihre hohe Zuverlässigkeit.

Diese Formulierung dagegen überzeugt weniger.