Arbeitsunfähigkeit: Vorsicht beim Einsatz von Detektiven

Mitarbeiter, die zwar krankgeschrieben sind, aber nicht krank sind, sind für jeden Arbeitgeber ein echtes und teures Ärgernis. Trotzdem können Sie nicht bereits bei dem ersten Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit einen Detektiv mit der Überwachung des Mitarbeiters beauftragen. Das kann für Sie sogar teuer werden. Dazu kommt, dass die so gewonnenen Erkenntnisse unter Umständen nicht verwertbar sind.

Erfahren Sie hier, wieso Sie nicht bei jedem Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters einen Detektiv beauftragen können.

Mögliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten

Eine unbemerkte Überwachung durch einen Privatdetektiv kann einen rechtswidrigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters darstellen. Das gilt insbesondere aber nicht nur dann, wenn der Privatdetektiv bei der Überwachung Fotos oder Videoaufnahmen anfertigt. Eine mögliche Folge von Eingriffen in Persönlichkeitsrechte sind Schmerzensgeldansprüche des betroffenen Mitarbeiters.

Einen derartigen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden. Eine Sekretärin war im Mai 2011 eingestellt worden. Ab Ende Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig. Sie belegte die Arbeitsunfähigkeit durch AU-Bescheinigungen von verschiedenen Ärzten. Die letzte Krankschreibung erfolgte ab Januar 2012 durch eine Fachärztin für Orthopädie.

Der Arbeitgeber hatte erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit, deshalb beauftragte er einen Privatdetektiv, der die betroffene Mitarbeiterin Ende Februar 2012 observierte. Die Überwachung erfolgte an vier Tagen. Der Detektiv fertigte sowohl Fotos als auch Videoaufnahmen. Mit dem Observationsbericht erhielt der Arbeitgeber Fotos und Ausschnitte aus den Videoaufnahmen.

Die Mitarbeiterin war der Ansicht, die Überwachung und das Anfertigen der Aufnahmen verletze sie in ihren Persönlichkeitsrechten. Sie forderte deshalb ein Schmerzensgeld, dessen Höhe sie in das Belieben des Gerichts stellte. Sie selbst hielt ein Schmerzensgeld von 10.500 € für angemessen.

Damit konnte sie sich nicht komplett durchsetzen. Das Landesarbeitsgericht Hamm ging zwar von einem Schmerzensgeldanspruch aus, hielt jedoch lediglich 1.000 € für angemessen. Sowohl der Arbeitgeber als auch die betroffene Mitarbeiterin waren mit dem LAG-Urteil nicht zufrieden. Beide legten Revision zum Bundesarbeitsgericht ein. Dies beurteilte beide Revisionen aber als erfolglos (BAG, Urteil vom 19.2.2015 – 8 AZR 1007/13).

Die BAG-Richter gingen mithin von einem rechtswidrigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Sekretärin aus. Entscheidend war, dass der Arbeitgeber nach ihrer Ansicht keinen berechtigten Anlass zu Überwachung hatte. Insbesondere konnte dieser Anlass nicht darauf gestützt werden, dass die AU-Bescheinigungen von verschiedenen Ärzten stammten.

Auch der Umstand, dass zunächst Bronchialerkrankungen und später ein Bandscheibenvorfall die Ursache für die Arbeitsunfähigkeit bildete, gab noch keinen berechtigten Anlass, an der Arbeitsunfähigkeit zu zweifeln. Und schließlich galt das auch dafür, dass der Bandscheibenvorfall zunächst vom Hausarzt, erst später von der Orthopädin behandelt wurde.

Der Arbeitgeber hatte aber noch Glück im Unglück, weil das BAG – anders als die Klägerin – keinen Anlass hatte, die 1.000 € Schmerzensgeld als unangemessen zu betrachten. Wäre das BAG der Auffassung der Klägerin gefolgt, wäre es für den Arbeitgeber sehr teuer geworden.

Vorsicht mit der Beauftragung von Detektiven

Für Sie bedeutet das, dass Sie einen Detektiv immer erst als allerletztes Mittel beauftragen dürfen. Gesetzlich vorgesehen ist, dass Sie Zweifel an einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) überprüfen lassen können. Bevor Sie zum Telefon greifen und einen Detektiv beauftragen, sollten Sie daher zunächst den MDK mit der Kontrolluntersuchung beauftragen. Der Kontakt erfolgt in der Regel über die Krankenkasse.