Arbeitnehmerhaftung: So prüfen Sie in 5 Schritten Ihre Ansprüche als Arbeitgeber

Es kommt immer wieder einmal vor: Ein Arbeitnehmer richtet während seiner Arbeit einen Schaden an. Ein typisches Beispiel ist der LKW-Fahrer, der bei nasser Straße zu schnell fährt und mit seinem Fahrzeug von der Straße abkommt. Die Arbeitnehmerhaftung fragt danach, ob und wenn ja welchen Schadensersatz Sie als Arbeitgeber gegen den Fahrer haben. Mit diesen fünf Schritten können Sie das einfach überprüfen.

Um es vorweg zu sagen: Nicht in jedem Fall, in dem ein Arbeitnehmer einen Schaden anrichtet, kommt es zur Arbeitnehmerhaftung. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu einige Grundsätze aufgestellt. Es lässt sich dabei unter anderem von dem Gedanken tragen, dass das Arbeitsleben ein gewisses Risiko beinhaltet. Bei der Arbeitnehmerhaftung geht es darum, einen vernünftigen Ausgleich der Risiken zu finden.

Schritt 1 zur Arbeitnehmerhaftung: Liegt eine Pflichtverletzung vor?
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer die arbeitsvertragliche Pflicht, seine Aufgaben so zu erfüllen, dass keine Schäden dadurch angerichtet werden. Das braucht nicht extra im Arbeitsvertrag erwähnt zu sein.

Der Bäckergeselle muss also zum Beispiel rezeptgetreu arbeiten, um zu vermeiden, dass der hergestellte Teig nicht weiterverwendet werden kann. Hält er sich nicht an das Rezept und verwendet zum Beispiel zu viel Salz, so liegt darin eine Pflichtverletzung. Die erste Voraussetzung für eine Arbeitnehmerhaftung ist gegeben.

Schritt 2 zur Arbeitnehmerhaftung: Erfolgte die Pflichtverletzung schuldhaft?
Eine Arbeitnehmerhaftung kommt nur dann infrage, wenn Sie dem Arbeitnehmer vorwerfen können, die Pflichtverletzung schuldhaft begangen zu haben. Unproblematisch ist das der Fall, wenn der Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt hat. Hat also im obigen Beispiel der Bäckergeselle dem Teig bewusst zu viel Salz zugefügt, weil Sie seinen Urlaubsantrag nicht genehmigt haben, liegt unproblematisch eine vorsätzliche und damit schuldhafte Pflichtverletzung vor.

Neben Vorsatz kann aber auch eine fahrlässige Pflichtverletzung zur Arbeitnehmerhaftung führen. Übersieht zum Beispiel ein LKW-Fahrer eine rote Ampel und es kommt daher zu einem Verkehrsunfall mit Beschädigung des firmeneigenen Fahrzeuges, so liegt eine fahrlässige Pflichtverletzung vor. Denn er hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet (§ 276 BGB).

Schritt 3 zur Arbeitnehmerhaftung: Beweis eines konkreten Schadens
In diesem Schritt geht es gleich um zwei Fragen im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerhaftung: Einerseits um die Frage, ob ein konkreter Schaden vorliegt. Andererseits (und in der Praxis oftmals schwieriger) die Frage, ob Sie diesen Schaden beweisen können.

Zunächst muss es Ihnen möglich sein, den Schaden konkret zu beziffern. Bei unmittelbaren Schäden, wie zum Beispiel der Beschädigung des LKWs oder die Herstellung nicht brauchbaren Teiges, ist das in der Regel unproblematisch. Ein Schaden kann aber auch durch eine Erhöhung der Versicherungsprämie entstehen. Problematisch wird bei der Arbeitnehmerhaftung in der Regel die Bezifferung von entgangenem Gewinn durch den Verlust von Kunden.

Gegenrechnen müssen Sie alle Vorteile, also zum Beispiel Versicherungsleistungen und gesparte Aufwendungen. Noch problematischer ist oft die zweite Frage, nämlich die Frage der Beweisbarkeit. Sammeln Sie dazu Belege und Zeugenaussagen. Wenn es Ihnen nicht gelingt, einen konkreten Schaden durch die Pflichtverletzung zu beweisen, werden Sie beim Arbeitsgericht mit Ihren Ansprüchen wegen Arbeitnehmerhaftung in aller Regel scheitern.

Schritt 4 zur Arbeitnehmerhaftung: Prüfen Sie ein Mitverschulden
Wenn Sie die Entstehung des Schadens oder die Schadenshöhe mit zu verantworten haben, reduziert sich der Schadensersatzanspruch (§ 254 BGB). Der Schaden wird dann je nach dem Grad des Verschuldens zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitnehmer aufgeteilt. Typische Beispielsfälle für ein Mitverschulden des Arbeitgebers und damit für eine Reduzierung der Arbeitnehmerhaftung sind:

  • Sie haben Ihren Mitarbeitern so viele oder solche Tätigkeiten zugemutet, dass seine Kenntnisse und Fähigkeiten oder seine körperliche Belastbarkeit überschritten wurden.
  • Sie haben nicht auf die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften geachtet.
  • Das dem Mitarbeiter überlassene Material oder die überlassenen Werkzeuge und Maschinen waren nicht von ausreichender Qualität. Dadurch ist der Schaden entstanden.
  • Sie haben es versäumt, eine Ihnen zumutbare Versicherung abzuschließen. In der Praxis ist das für zwei Fälle besonders relevant. Ein Mitverschulden liegt insbesondere dann schnell vor, wenn Sie keine Betriebs-Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben, die Mitarbeiter mit einschließt. Dies bezieht sich auf Schäden, die bei Dritten entstanden sind. Der zweite typische Fall liegt im Bereich der Kfz-Versicherung. Hier wird schnell ein Mitverschulden angenommen, wenn Sie nicht eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 500 € abgeschlossen haben. Der Schadensersatzanspruch gegen den Mitarbeiter beschränkt sich dann auf die an sich übliche Selbstbeteiligung.

Schritt 5 zur Arbeitnehmerhaftung: Beachten Sie Haftungsbeschränkungen
Neben dem Mitverschulden sind auch weitere Haftungsbeschränkungen vorstellbar. Werfen Sie dazu zunächst einen Blick in die einschlägigen Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge, um zu prüfen, ob dort bereits eine Haftungsbeschränkung bei der Arbeitnehmerhaftung vereinbart ist.

Daneben sind aber noch einige weitere Grundsätze zu beachten, die die Rechtsprechung zur Arbeitnehmerhaftung entwickelt hat. Ausgangspunkt ist der Gedanke, dass auch dem sorgfältigsten Mitarbeiter gelegentlich ein Fehler unterlaufen kann. In ständiger Rechtsprechung unterscheidet das Bundesarbeitsgericht drei Konstellationen der Arbeitnehmerhaftung, die unterschiedliche Auswirkungen haben:

Fahrlässigkeitsstufen der Arbeitnehmerhaftung

  1.  Leichte Fahrlässigkeit (geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtverletzung, die jedem Mitarbeiter unterlaufen kann): Keine Arbeitnehmerhaftung.
  2. Mittlere Fahrlässigkeit: Anteilige Haftung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Aufteilung je nach den Umständen des Einzelfalls. Hierbei spielen u.a. das Verschulden, die Gefahrgeneigtheit der Arbeit oder die Betriebszugehörigkeit eine Rolle.
  3. Grobe Fahrlässigkeit (der Arbeitnehmer hat einfachste nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder selbst das nicht beachtet, was jedem ohne Weiteres hätte klar sein müssen): Im Normalfall volle Arbeitnehmerhaftung.