Arbeitnehmer sucht während Krankheit neuen Job: Kündigung unmöglich

Als Arbeitgeber sind Sie während der Krankheit von Arbeitnehmern zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Verständlich, dass Sie verärgert reagieren, wenn Sie erfahren, dass sich Mitarbeiter während der Krankschreibung um eine neue Stelle bemühen. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat aber entschieden, dass die Suche nach einem neuen Job während der Krankschreibung nicht automatisch zur Kündigung führt.

In dem Fall war ein Mitarbeiter wegen eines eingeklemmt Nerves im rechten Arm krankgeschrieben. Während seiner Krankschreibung bewarb er sich um eine Stelle, was sein Arbeitgeber erfuhr. Dieser war selbstverständlich wenig begeistert, dass der Mitarbeiter einerseits zu krank sein sollte, um zu arbeiten und andererseits sich bei einem (öffentlichkeitswirksamen) Bewerbungstermin zeigte. Er kündigte daher von sich aus das Arbeitsverhältnis. Hiergegen klagte der Mitarbeiter und gewann zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 05.03.2013 – 5 Sa 106/12). 

Was Sie von einem krankgeschriebene Mitarbeiter erwarten können

Die Richter am Landesarbeitsgericht stellten unmissverständlich fest, dass ein krankgeschriebener Mitarbeiter verpflichtet ist, sich so zu verhalten, dass er möglichst schnell wieder gesund wird. Das bedeutet aber nicht, dass er automatisch zuhause bleiben oder gar das Bett hüten muss. Entscheidend ist vielmehr die jeweils konkrete gesundheitliche Situation. So wird es für den Mitarbeiter zum Beispiel "eng", wenn er wegen Rückenbeschwerden krankgeschrieben ist und während dieser Zeit bei einem Umzug hilft oder schwere Gartenarbeiten ausführt.

In dem konkreten Fall konnten die Richter allerdings nicht erkennen, warum ein eingeklemmter Nerv im Arm dazu führen sollte, dass der Mitarbeiter sich nirgends anders bewerben durfte. Seine Pflicht, sich möglichst gesundheitsfördernd zu verhalten, hat der Mitarbeiter durch die Bewerbung jedenfalls nicht verletzt.

Abkehrwille während der Krankheit rechtfertigt alleine noch keine Kündigung

Zu Gunsten des Mitarbeiters sprach das Grundgesetz. Artikel 12 des Grundgesetzes schützt die Freiheit der Berufswahl und Berufsausübung. Daher war der Mitarbeiter durchaus berechtigt, sich auch während der Krankheit um einen neuen Arbeitsplatz zu bemühen. Voraussetzung dabei ist immer, dass er dadurch nicht gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt. Infrage kommt hier lediglich die Pflicht zu gesundheitsförderndem Verhalten, diese hatte der Mitarbeiter aber nicht verletzt (siehe oben).

Zwei Fälle, in denen die Jobsuche während der Krankheit eine Kündigung möglich machen kann

Es gibt zwei grundsätzliche Fälle, in denen die Jobsuche während der Krankheit eine Kündigung ermöglichen kann:

  • Der Arbeitnehmer verletzt die Pflichten aus seinem altem Arbeitsvertrag zu Gunsten eines (potentiellen) neuen Arbeitgebers. Ein Beispiel hierfür ist zum Beispiel die Information über Betriebsinterna an den neuen Arbeitgeber. Dies hat allerdings grundsätzlich wenig mit der Krankheit zu tun. Ein solches Verhalten kann auch beim arbeitsfähigen Mitarbeiter zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.
  • Hat ein Arbeitnehmer Ihnen gegenüber seinen Abkehrwillen deutlich erklärt, und haben Sie gerade eine sonst schwer zu findende Ersatzkraft an der Hand, so dürfen Sie die Ersatzkraft einstellen und den alten Arbeitnehmer zum nächsten Termin betriebsbedingt kündigen. Das ergibt sich aus einer alten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 1964. Im Zuge des Fachkräftemangels kann es sein, dass diese Entscheidung neue Bedeutung gewinnt.