Anonyme Bewerbungen: Was steckt hinter der Diskussion?

Die Diskussion um anonyme Bewerbungen könnte Teil des Sommertheaters 2010 sein. Medienberichten zufolge plant das Bundesfamilienministerium, zukünftig nur noch anonyme Bewerbungen zu akzeptieren. Was steckt dahinter?

Unter anonymen Bewerbungen versteht man solche, bei denen sich aus den Bewerbungsunterlagen keine Hinweise auf Alter, Geschlecht oder Nationalität ergeben sollen. Damit soll die Chancengleichheit der Bewerber verbessert werden.

Hintergrund sind wissenschaftliche Untersuchungen, die belegen, dass Stellenbewerber mit Migrationshintergrund aufgrund ihres Namens größere Probleme haben, einen Arbeitsplatz zu finden, als deutsche Bewerber. Diesem Problem soll mit anonymen Bewerbungen Rechnung getragen werden.

Anonyme Bewerbungen: Sinnvoll oder nicht?
Gesetzlich vorgeschrieben sind anonyme Bewerbungen noch nicht. Es ist auch fraglich, inwieweit sie sinnvoll sind. Denn viele Daten lassen sich aus den Bewerbungsunterlagen entnehmen. So sind zum Beispiel Schulzeugnisse oder Abschlusszeugnisse nie anonymisiert ausgestellt. Wenn also (nur) das Bewerbungsschreiben anonymisiert werden soll, macht das noch keinen großen Sinn.

Denn ein an diesen Daten interessierter Arbeitgeber kann diese aus den Bewerbungsunterlagen entnehmen. Und ob tatsächlich alle Zeugnisse usw. anonymisiert werden (können), bleibt abzuwarten. In den jetzigen Diskussionen wird kritisiert, dass lediglich die Bearbeitung von Bewerbungsunterlagen aufwändiger und damit zeitintensiver und teurer wird, als dass Vorteile durch anonyme Bewerbungen realisiert werden können.

Auch wenn anonyme Bewerbungen gesetzlich nicht vorgeschrieben sind, sollten Sie als Arbeitgeber bei der Personalsuche vorsichtig sein. Denn jede Ungleichbehandlung unter anderem aufgrund des Geschlechts, des Alters oder der Nationalität ist bereits jetzt durch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten. Das gilt auch für Personalauswahlverfahren.

Tipp: Sofern beispielsweise eine Bewerbung kein Foto enthält, sollten Sie dieses nicht nachträglich anfordern. Denn dies kann Ihnen als Hinweis darauf ausgelegt werden, das Alter, Nationalität oder Geschlecht eine Rolle bei der Personalentscheidung gespielt haben. Sie geben so abgelehnten Bewerbern nur ohne Not zusätzliche "Munition" an die Hand.