Alkoholsucht und Kündigung: Was gilt für Sie als Arbeitgeber

Das ist für jeden betroffenen Mitarbeiter eine Katastrophe, aber auch Sie als Arbeitgeber kommen nicht ungeschoren davon: Ein Mitarbeiter ist alkoholkrank. Das LAG München hat entschieden, was Sie als Arbeitgeber zu beachten haben, wenn Sie wegen der Alkoholsucht eine Kündigung aussprechen wollen oder im betrieblichen Interesse sogar müssen.

Die Kündigung wegen Alkoholsucht ist eine sogenannte personenbedingte Kündigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist sie unter den gleichen Voraussetzungen zulässig, wie eine krankheitsbedingte Kündigung. Das ist auch nur konsequent, da die Alkoholsucht nichts anderes als eine Krankheit ist.

Diese Prüfungsschritte sollten Sie bei einer Kündigung wegen Alkoholsucht beachten

Bei einer Kündigung wegen Alkoholsucht sind demnach drei Prüfungsschritte nötig.

  1. Es muss eine negative Prognose für den betroffenen Arbeitnehmer vorliegen.
  2. Die Auswirkungen des Gesundheitszustandes müssen zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen führen.
  3. Schließlich müssen die betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer Belastung führen, die für Sie als Arbeitgeber nicht mehr billigerweise hinzunehmen ist. Es ist also eine Interessenabwägung erforderlich.

Das Ganze klingt relativ abstrakt, im Einzelnen stecken folgende Überlegungen dahinter:

1. Die negative Prognose

Das wesentliche Merkmal einer Alkoholsucht ist die physische und psychische Abhängigkeit vom Alkohol, die sich darin äußert, dass der Mitarbeiter die Selbstkontrolle verliert und deshalb, wenn er mit dem Trinken beginnt, damit nicht aufhören kann.

Dazu kommt die Unfähigkeit zur Abstinenz; ein Alkoholkranker kann auf Alkohol nicht verzichten. Wenn Sie Anhaltspunkte dafür haben, dass der betroffene Mitarbeiter seine Alkoholsucht nicht in den Griff bekommt, so liegt eine negative Prognose vor. Solche Anhaltspunkte können zum Beispiel ohne nachvollziehbare Begründung abgebrochene Entziehungskuren sein.

2. Erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen

Ein Indiz für erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen können Fehlzeiten aufgrund der Alkoholsucht sein. Eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung in diesem Sinne wird anzunehmen sein, wenn in zwei Jahren jeweils mehr als sechs Wochen Fehlzeiten bei dem Mitarbeiter wegen der Alkoholsucht zu verzeichnen waren.

Das LAG München hat aber auch festgestellt, dass erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen bereits deshalb zu bejahen sein können, wenn der betroffene Mitarbeiter einen mit Selbst- und Fremdgefährdung verbundenen Arbeitsplatz innehat. In dem Fall handelte es sich um einen Hofarbeiter eines Entsorgungsbetriebs, zu dessen Tätigkeiten das Führen verschiedener Fahrzeuge wie Bagger, Gabelstapler, Lader und anderes auf dem Betriebsgelände gehörte.

Seine Arbeit hatte er in einem Umfeld zu erledigen, das von An- und Abtransporten sowie Umlagerungen der Abfälle unter Zuhilfenahme der genannten Fahrzeuge sowie durch fremde und betriebseigene Lkw geprägt wird.

Entscheidend war, dass der Arbeitgeber nach Ansicht der Richter wegen der Alkoholerkrankung nicht darauf vertrauen kann, der Mitarbeiter werde zukünftig seine Arbeit nüchtern verrichten und es werde zu daher  keinen Eigen- bzw. Fremdgefährdungen und -schädigungen kommen.

Nicht nötig sei, dass es in der Vergangenheit bereits konkret erfolgte und festgestellte Fehler, Gefährdungen und Schädigungen gegeben habe (LAG München, Urteil vom 11.07.2012, Aktenzeichen: 3 Sa 1134/11).

3. Die Interessenabwägung im Einzelfall

Die Interessenabwägung fiel zum Nachteil des gekündigten Mitarbeiters aus. Das Gericht berücksichtigte zwar noch zu seinen Gunsten, dass er zwölf Jahre beanstandungsfrei in dem Unternehmen beschäftigt war.

Aufgrund der konkreten Situation am Arbeitsplatz wertete es jedoch das Potenzial für die Selbst- und Fremdgefährdung durch die Mitarbeiter aufgrund der Alkoholsucht höher. Zulasten des Arbeitnehmers sprach auch, dass er eine Therapie abgebrochen hatte und zu einer weiteren nicht bereit war. Ein anderer Arbeitsplatz mit weniger Gefährdungspotenzial stand nicht zur Verfügung.

Fazit: Eine Alkoholsucht kann durchaus Grund für eine personenbedingte Kündigung sein. Sofern statt der wirtschaftlichen Beeinträchtigungen durch die Fehlzeiten Sicherheitsbedenken als betriebliche Beeinträchtigung herangezogen werden sollen, müssen diese aber tatsächlich konkret vorliegen. So werden Sicherheitsrisiken bei einem Büroarbeitsplatz sicherlich schwieriger zu begründen sein.

Bewährt hat es sich auch, die betroffenen Mitarbeiter zunächst bei einer Therapie gegen die Alkoholsucht vor der Kündigung zu unterstützen. Dies ist im Rahmen der Interessenabwägung für Sie als Arbeitgeber vorteilhaft (und im Rahmen der sozialen Verantwortung als Arbeitgeber auch geboten).