Ein guter Tropfen zu einem gelungenen Vertragsabschluss, das Firmenjubiläum eines Mitarbeiters, ein Gläschen Wein oder das Bier zum Mittagessen – in der Arbeitswelt finden sich viele Gelegenheiten, in denen Alkoholkonsum selbstverständlich ist. Doch leider wird dieser viel zu schnell verharmlost und unterschätzt. Schätzungen zufolge sind rund 5 Prozent aller Arbeitnehmer alkoholkrank und weitere 10 Prozent gefährdet, Tendenz steigend.
So lange am Arbeitsplatz und während der Arbeit nichts passiert, wird das Problem oft unter den Teppich gekehrt, gleich wenn viele Firmen immer konsequenter gegen Alkoholgenuss im Betrieb vorgehen. So gehörten Getränkeautomaten mit alkoholischen Getränken in den 80er-Jahren und Anfang der 90er-Jahre noch zur Normalität in vielen Betrieben.
Erst Mitte der 90er-Jahre ging ein Ruck durch die Arbeitswelt und viele Unternehmen verdammten Alkohol aus den Betrieben. Doch noch immer wird bei „gesellschaftlichen“ Firmenanlässen wie Jubiläen usw. der Alkoholkonsum gebilligt.
Die unterschätze Gefahr der Suchterkrankung
Das Problem Alkohol betrifft in der Arbeitswelt aber nicht nur die Männerwelt wie immer geglaubt wird, sondern, wie eine Studie der Universität Hannover gezeigt hat, es greifen immer häufiger auch Frauen zum Glas.
Alkohol als „Medizin“
Es ist immer wieder festzustellen, dass es besonders qualifizierte Mitarbeiter im Betrieb sind, die unter großem Druck stehen, und zum Alkohol greifen. Alkohol wird hier als „Medizin“ eingesetzt, um sich zu entspannen, wieder runterzukommen oder gelöster und lockerer mit dem stetigen Druck klarzukommen. Wie gefährlich nahe sich hier die Mitarbeiter einer Suchterkrankung befinden, ist vielen nicht bewusst.
Insgesamt wird die Gefahr, die durch regelmäßigen Alkoholkonsum ausgeht, weit unterschätzt. „Was macht schon das Gläschen Bier zum Mittag, „Bier ist doch kein Alkohol, sondern ein Grundnahrungsmittel“ und so weiter. Mit solchen und anderen Parolen redet man sich den Missbrauch von Alkohol oftmals schön. Sicherlich ist Alkohol an sich nicht zu verteufeln und ist, sofern er maßvoll genossen wird, auch ein Genussmittel, doch der Übergang vom Genuss zur Sucht ist schleichend und wird meist viel zu spät erkannt.
Oft kann man in der heutigen Arbeitswelt beobachten, dass Chefs, Vorgesetzte und Kollegen gleichermaßen mit dem Problem Alkohol überfordert sind.
- Wie gehe ich damit um,
- wie gehe ich mit betroffenen Kollegen um,
- woran erkenne ich, dass ein Mitarbeiter oder Kollege ein Problem mit Alkohol hat,
sind dabei zentrale Fragen.
Chefs, Vorgesetzte und Kollegen müssen erst lernen, die ersten Anzeichen von Suchterkrankungen oder drohenden Suchterkrankungen in ihrem Umfeld zu erkennen und dem Betroffenen zu helfen. Eine nicht ganz leichte Angelegenheit. Um hier entgegenzuwirken und Vorgesetzten wie auch Mitarbeitern eines Betriebs gleichermaßen zu helfen und ein Rüstzeug an die Hand zu geben, haben namhafte Krankenkassen und vor allem die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. Broschüren herausgegeben, die hier zum Thema „Alkohol am Arbeitsplatz“ informieren sollen.
Vorgesetzte und vor allem Chefs haben hier eine besondere Verantwortung und Aufgabe gegenüber ihren Mitarbeitern. Diese Infobroschüren zeigen, wie sich Führungskräfte verantwortungsvoll und angemessen gegenüber Betroffenen verhalten sollen, um diesen adäquat zu helfen.
Individuelle Behandlung
Eines der größten Probleme in der heutigen Gesellschaft ist sicherlich die hohe Akzeptanz, die Alkohol hier genießt, wie auch sich selbst einzugestehen, dass man ein Problem mit Alkohol hat. Unter dem Begriff „Alkoholiker“, wie ja Suchtkranke heute allzuleicht bezeichnet werden, verbinden viele den Sturzbetrunkenen, in der Gosse in seinem eigenen Erbrochenen Liegenden. Doch dieses Bild eines Suchtkranken ist schlichtweg falsch.
Alkoholsucht ist ein gesellschaftliches Problem, das sich durch alle Schichten zieht. Ob Politiker, Beamter, Manager, Arbeitnehmer, Hausfrau oder Arbeitsloser, die Alkoholsucht trifft man überall an.
Wie Sie Betroffenen helfen können
Hat sich nun ein Betroffener das Problem „Alkohol“ eingestanden und die Krankheit akzeptiert, kann ihm auch adäquat geholfen werden. So werden hier individuelle Therapien festgelegt, die sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden und in den meisten Fällen durch die Rentenversicherung oder Krankenversicherung, aber auch Arbeitsagenturen finanziert werden können.
Die Behandlung beginnt in allen Fällen zunächst einmal mit der Entgiftung. Nach erfolgreicher Therapie ist dann eine ambulante Nachsorge und/oder der Besuch einer Selbsthilfegruppe unerlässlich, um dauerhaft abstinent leben zu können. Betroffene müssen hier lernen, eine zufriedene Abstinenz, sprich eine Abstinenz nicht weil sie wissen, dass Alkohol schlecht für sie ist und sie deswegen nicht mehr trinken dürfen, sondern weil sie wissen, dass es ihnen ohne Alkohol besser geht, zu erreichen. Dann ist die Chance, dass sie dauerhaft ohne Rückfall abstinent bleiben, auch entsprechend hoch.
Wichtig ist, auch wenn viele Unternehmen zwischenzeitlich den Kampf gegen den Alkohol im Betrieb angesagt haben, dass ein offenes Verhältnis zwischen Betroffenen und Vorgesetzten herrscht. Denn wo keine Befürchtungen bestehen, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren oder mit Konsequenzen rechnen zu müssen, dort fällt es Betroffenen auch leichter, sich zu ihrem Problem zu bekennen.
Auskünfte und Hilfen bieten hier, neben den zahlreichen Suchtambulanzen und Suchtkliniken, die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V., die karitativen Einrichtungen sowie jeder Hausarzt.
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